Börsen-Zeitung: HP holt zum großen Wurf aus
Archivmeldung vom 14.05.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.05.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSo sieht wohl das Drehbuch eines Managers für eine perfekte Sanierung aus: Als Mark Hurd vor drei Jahren bei Hewlett-Packard das Ruder von Carleton Fiorina übernahm, steckte der Computer- und Druckerproduzent tief in der Krise.
Mithilfe mehrerer Sparrunden, Veräußerungen und einer Renovierung der IT-Infrastruktur sorgte der ehemalige Chef des Technologieunternehmens NCR als Erstes dafür, dass die Ergebnisse der Gesellschaften den Erwartungen der Anleger wieder gerecht wurden. Nachdem eine unappetitliche Spionage-Affäre Chairwoman Patricia Dunn den Job gekostet, seine Position aber gestärkt hatte, stimulierte Hurd das Wachstum eine Weile lang mit kleineren Zukäufen. Mit Erfolg: Die durch eigenes Verschulden geschwächte Dell war bald als Nummer 1 unter den PC-Herstellern überholt. Mit der größten Übernahme seit dem 20 Mrd. Dollar teuren Kauf von Compaq vor sechs Jahren macht sich HP nun daran, im IT-Service-Geschäft Platzhirsch IBM anzugreifen.
Winken die Aufseher die Übernahme durch, ist in den kommenden Jahren Spannung garantiert. Denn dass HP gerade das Service-Geschäft forciert, und zwar durch einen Kauf von EDS - diese Wendung im Plot wird Hurd manchem Aktionär noch erklären müssen. Natürlich vermag als IT-Dienstleister nur mehr zu reüssieren, wer Unternehmenskunden weltweit betreut. Da ist Größe fast Selbstzweck, und mit 210000 Beschäftigten in über 80 Staaten werden sich HP und EDS sehen lassen können. In der gesamten Branche aber nimmt der Druck erkennbar zu. So hat starke Konkurrenz aus Asien den Marktanteil der größten drei Anbieter in den vergangenen Jahren glatt halbiert.
Zwar dürfte der IT-Service-Markt in den kommenden Jahren stärker wachsen als HP, und noch winken dort zweistellige Margen. Allerdings nicht bei EDS: Mit dem Unternehmen droht HP vielmehr eine Schwächung der Ertragskraft beim Versuch, das lukrative Geschäftsmodell von IBM nachzuahmen. Während die Kalifornier im jüngsten Zwölfmonatszeitraum konzernweit eine operative Marge von mehr als 8% erzielten, kam EDS 2007 auf gerade einmal 5%, und die Outsourcing-Aktivitäten der Gesellschaft wuchsen zuletzt schwach. Hurd wird wieder einmal große Fähigkeiten zur Neuordnung und Kostensenkung zeigen müssen. Sonst gibt es kein Happy End.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Bernd Neubacher)