Allg. Zeitung Mainz: Kommentar zu Dalai Lama
Archivmeldung vom 27.11.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSollte es noch eines Beweises bedurft haben, dass Papst Benedikt XVI. auch ein Realpolitiker ist, seit gestern ist dieser erbracht. Im Gegensatz zu Angela Merkel und George W. Bush lässt er sich von den unverhohlenen Drohungen Pekings beinflussen, denn er wird den Dalai Lama nicht treffen. Hätte er als unbeugsamer und dogmatischer Kardinal Ratzinger früher ebenso entschieden?
Natürlich ist die Frage unfair. Denn die Verantwortung, die er heute
als Oberhaupt für das Wohlergehen auch von Millionen Katholiken in
China trägt, lässt ihm gar keine andere Wahl. Würde er den
personifizierten Widerstand der Tibeter gegen Peking empfangen, wären
die Katholiken im Reich der Mitte sofort der Willkür der
rachsüchtigen Betonköpfe in Peking schutzlos ausgeliefert. Denn der
Vatikan hat im Gegensatz zu großen Staaten keinerlei Mittel, den
Chinesen Paroli zu bieten. Die Kanzlerin ist da viel freier, auch
wenn die deutsche Wirtschaft - übrigens in hochinteressantem
Gleichklang mit der SPD - Zeter und Mordio schreit. Merkels
Zusammenkunft mit dem unbeugsamen Exilanten im roten Tuch kann und
wird sicher das eine oder andere Geschäft verhageln. Aber Peking wie
Berlin wissen genau, dass sich eine so konsequent um wirtschaftliches
Vorankommen bemühte Nation wie China den Verzicht auf
Schlüsseltechnologie "Made in Germany" gar nicht leisten kann.
Politisches Rückgrat zu zeigen, ist für Angela Merkel also weit
einfacher als für Benedikt XVI. Der Vorgang zeigt aber auch, dass in
Peking auch im Jahr 2007 Leute am Ruder sind, die längst nicht so
souverän sind, wie sie es sein sollten und müssten, um ein so
gigantisches Land wie China erfolgreich in die Zukunft zu führen.
Quelle: Pressemitteilung Allgemeine Zeitung Mainz