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Lausitzer Rundschau: Karlsruher Richter fällen Urteil zum Wahlrecht

Archivmeldung vom 04.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das deutsche Wahlrecht versucht zwei gegensätzliche Prinzipien miteinander zu vereinbaren. Das Prinzip der Mehrheitswahl der direkt in den Wahlkreisen gewählten Abgeordneten. Und das Prinzip der Verhältniswahl.

Wenn Erst- und Zweitstimme zu weit auseinander klaffen, kommt es zu Überhangmandaten. Davon gibt es in jüngster Zeit immer mehr, weil kleine Parteien den großen zunehmend (Zweit-)Stimmen abjagen. Mit dieser Entwicklung geht auch die Möglichkeit des Missbrauchs einher. Die CDU hat sie 2005 genutzt, als sie bei der Nachwahl in Dresden gezielt auf Zweitstimmen verzichtete, um kein Überhangmandat zu verlieren. Weniger Wähler, aber mehr Sitze - das verletzt den Grundsatz "ein Bürger, eine Stimme" fundamental, wie das Verfassungsgericht gestern festgestellt hat. Vor allem dann, wenn ganz am Ende der Kette die Kanzlermehrheit davon abhängt, wie schon dreimal in der deutschen Geschichte geschehen. Die Missbrauchsmöglichkeit ist in der Welt, das Karlsruher Urteil, das sie stoppt, auch. Was spricht dagegen, sofort zu handeln? Nichts, außer der taktischen Überlegung jener, die 2009 noch ein letztes Mal von der Regelung profitieren wollen. Und das sind die beiden Volksparteien Union und SPD. Dass das Bundesverfassungsgericht den jetzigen Bundestag wegen der Gesetzeslücke nicht aufgelöst hat, ist kein Freifahrschein fürs Nichtstun. Es wäre im Gegenteil geradezu demokratieschädigend, wenn der Gesetzgeber es zuließe, dass der nächste Bundestag erneut unter verfassungswidrigen Bedingungen zustande käme, obwohl man ein Jahr Zeit gehabt hätte, das zu verhindern.

Quelle: Lausitzer Rundschau

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