Neue Westfälische (Bielefeld): Folgenschwerer Kurswechsel
Archivmeldung vom 09.08.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAls Amerika im Dezember 2011 seine Truppen aus dem Irak nach Hause holte, sollte der "dumme Krieg", von dem einst ein junger Senator namens Barack Obama sprach und damit ins Weiße Haus einzog, ein für alle Mal beendet sein. Heute weiß man: Das war eine historische Falschmeldung. Der Krieg, den Obamas Vorgänger George W. Bush auf Lug und Trug gegründet hatte, war nie wirklich vorbei.
Seit die Steinzeit-Dschihadisten der Gruppe "Islamischer Staat" um den selbsternannten Kalifen Abu Bakr al Bagdadi das Zweistromland terrorisieren und die Regierung in Bagdad als gescheitert erscheinen lassen, war es nur eine Frage der Zeit, wann Friedensnobelpreisträger Obama den womöglich folgenschwersten Kurswechsel seiner Amtszeit einleiten würde. Einleiten musste. Tausende Zivilisten auf einem Berg verdursten und verhungern zu lassen, weil die IS-Terroristen sie eingekesselt haben und töten wollen - dieses Szenario hätte Washington nicht lange ausgehalten. Trotz Syrien und anderer Beispiele fatalen Zuwartens. Obama hat sich die Anweisung, Care-Pakete abwerfen zu lassen, um die gröbste Not zu lindern, und unter eng eingegrenzten Voraussetzungen chirurgische Luftschläge gegen die Terroristen zu fahren, alles andere als leicht gemacht. Wer die blutrünstigen Dschihadisten wirklich stoppen will, kann schrittweise erneut in einen größeren Konflikt hineingezogen werden. Luftangriffe der Amerikaner würden in weiten Teilen des Iraks als Stützungsmaßnahme für den verhassten Präsidenten Al Maliki gewertet. Bei Luftangriffen entsteht immer das Risiko ziviler Opfer. Gemäßigte Sunniten könnten sich gegen Amerika wenden oder sogar mit den Extremisten verbünden. Das würde Obamas rote Linie ("Keine Kampftruppen am Boden") auf den Prüfstand stellen. US-Militärberater reichen da nicht. Das grüne Licht, das Obama für den Einsatz von militärischer Gewalt gegeben hat, ist eine Zäsur. Zu großen Hoffnungen gibt sie keinen Anlass. Luftschläge, das hat das Beispiel Libyen gezeigt, sind kein Ersatz für Politik mit langem Atem. Das Terrornetzwerk IS wird vielleicht punktuell geschwächt. Das grundlegende Problem, wie sich die religiös und ethnisch verfeindeten Lager im Irak aussöhnen können, kann so aber nicht gelöst werden.
Quelle: Neue Westfälische (Bielefeld) (ots)