Mittelbayerische Zeitung: Nerv getroffen
Archivmeldung vom 19.08.2016
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Freigeschaltet durch André OttAlbert Deß ist Landwirt mit leib und Seele, einer, der traditionelle Werte hochhält. Ein bestens vernetzter Lobbyist ist er außerdem. Sein Aufschrei hat einen Nerv getroffen. Die Lage der Landwirte ist schwierig. Bauern müssen sich sozusagen in Handschellen durchboxen. Fallende Erzeugerpreise, steigende Anforderungen: Bauern müssen einerseits unter immer komplizierteren Bedingungen ihr Auskommen finden, andererseits immer strengeren Vorschriften der Politik und immer höheren Hürden der Großhandelsketten gerecht werden.
Das Label "Öko" ist sympathisch. Handelsriesen werben gern mit einwandfrei produzierten Lebensmitteln. Das poliert das Image und bringt womöglich Spielraum bei der Preisgestaltung. Den Aufwand sollen die Erzeuger schultern. Wie wenig ernst es Handelsketten mit dem Tierwohl ist, zeigt ein Detail: Eine Forderungsliste von 2015 stellte klar, die Bedingungen sollten nur für in Deutschland gehandelte Ware gelten.
Die Sorge ums Tier endete da an der Landesgrenze. In Norddeutschland erhalten Erzeuger teilweise nur noch 20 Cent für den Liter Milch - ein Tiefstand. Die Krise der Milchbauern hat eine Vielzahl von Gründen, auch hausgemachte und auch solche, die EU-Politiker zu verantworten haben. Die Folgen sind dagegen relativ eindeutig: Erzeuger suchen sich alternative Märkte. Zuletzt hat zum Beispiel die Bayernland eG - sie setzt im Jahr rund 300 000 Tonnen an Milchprodukten ab - einen Abschluss kommuniziert, nach dem sie 3000 Tonnen Käse nach Südkorea exportieren wird.
Während das Handelsembargo gegenüber Russland und das konjunkturschwache China als Großkäufer ausfallen, tut sich Südkorea als neuer Markt auf. Das geht auf Kosten anderer Bauern, anderswo in der Welt, und auf Kosten der Umweltbilanz. Wirklich sinnvoll kann das nicht sein.
Quelle: Kommentar von Marianne Sperb - Mittelbayerische Zeitung (ots)