"nd.DieWoche": Abweichler unerwünscht - Kommentar zur Auflösung des Moskauer Sacharow-Zentrums
Archivmeldung vom 19.08.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithGroße Hoffnung, dass das Moskauer Stadtgericht das Sacharow-Zentrum retten würde, hatte wohl niemand. Und so entschieden die Richter auch ganz im Sinne der Anklage. Auf Wunsch des Justizministeriums kann eine der ältesten Menschenrechtsgruppen Russlands aus dem Register entfernt und somit aufgelöst werden.
Mit dem Urteil endet eine monatelange Hängepartie. Bereits im Januar musste das Sacharow-Zentrum aus seinem Haus ausziehen, das die Moskauer Stadtverwaltung kostenlos zur Verfügung gestellt hatte. Zuvor hatte das Justizministerium bei einer Überprüfung "systematische grobe und nicht aufzulösende Gesetzesverstöße" bei dem Zentrum entdeckt, das mit dem Etikett "Ausländischer Agent" versehen wurde. So geht es unter anderem um die Organisation von Veranstaltungen außerhalb der russischen Hauptstadt, die man als Moskauer Organisation nicht hätte durchführen dürfen. Ein schwammiger Vorwurf, der einem Muster folgt. Bereits die Menschenrechtsgruppen Memorial und die Moskauer Helsinki-Gruppe wurden auf diese Weise vom Justizministerium verfolgt und im Fall von Memorial vom Obersten Gericht Russlands aufgelöst.
Just am Tag des Verbots des Sacharow-Zentrums zeigte die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti Bilder vom Vorsitzenden des Obersten Gerichts mit Präsident Wladimir Putin. Der Kremlherr, so gibt Ria Nowosti wieder, spreche von einem schweren Entwicklungsweg, den Russland im Moment beschreite. Deshalb müsse das Gerichtssystem ein Rückhalt sein und erstarken.
Auf Facebook hat das Sacharow-Zentrum bereits angekündigt, weitermachen zu wollen. Doch die Reichweite wird mit der Auflösung immer geringer. Mit dem Gerichtsurteil hat die Regierung erneut klargemacht, dass sie in Russland nur ihre Meinung sehen und hören will.
Quelle: nd.DerTag / nd.DieWoche (ots)