Allg. Zeitung Mainz: Heimtückisch
Archivmeldung vom 20.12.2018
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Freigeschaltet durch André OttEs hat 15 Sekunden gedauert, um zur Unterstützung dieses Kommentars im Internet herauszufinden, wann der Crash des "Stern" mit gefälschten Hitler-Tagebüchern stattfand. 1983. Damals hätte eine ähnliche Recherche 60 mal so lange gedauert. Die digitale Welt kann großartig sein, sie rettet auch Kinderleben. Aber oft ist sie die Pest. Sie lässt alles einfach erscheinen - und steigert damit auch die Verführbarkeit vieler Menschen ins Aberwitzige.
Sie pusht die Gier nach Ruhm und Reichtum, was diesbezüglich in den Netzwerken abgeht, spottet jeder Beschreibung. Die Rückbesinnung auf Grundwerte tut not, auf Solidität. Womöglich gehörte auch der "Spiegel"-Autor Claas Relotius zu den Verführbaren - was keine Entschuldigung wäre. Er hat sich niederträchtig verhalten, kriminell. Wie schwer der Schaden ist, den er der journalistischen Glaubwürdigkeit zugefügt hat, ist noch nicht absehbar. Denn die Feinde einer unabhängigen Presse werden nun "Fake News" plärren und "Lügenpresse".
Laut, heimtückisch - absurd. Wer will, kann Medien wie dem "Spiegel" Arroganz unterstellen, aber ganz sicher keine Fahrlässigkeit, geschweige denn Bösartigkeit beim Umgang mit der Wahrheit. Sie sind auf einen hoch intelligenten Betrüger hereingefallen, dagegen gibt es keinen absoluten Schutz. Und letztlich hat ein eigener Autor Relotius überführt. "Fake News"? Trump, Orban, Gauland und Co., die am lautesten "Fake News" schreien, sind in Wahrheit die schlimmsten "Fake News"-Produzenten. Populisten und Hetzer, links wie rechts, versuchen, die Menschen - Wähler - zu betrügen, auch in Deutschland.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz (ots)