Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Hochtief/ACS
Archivmeldung vom 05.01.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHochtief spricht bald spanisch Von Wilfried Schnitker Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Doch die Chancen, dass der größte deutsche Baukonzern Hochtief noch lange von Essen aus gesteuert wird, werden immer geringer. Der spanische Konkurrent ACS hat nach eigenen Angaben seinen Aktienanteil auf mehr als 30 Prozent aufgestockt. Auch das ist Marktwirtschaft, wenn ein bis über beide Ohren verschuldetes Unternehmen wie ACS noch soviel Geld auftreiben kann, um sich auf Pump ein gesundes Unternehmen wie Hochtief einzuverleiben.
Ob die Beruhigungspillen, die ACS-Chef Florentino Perez nach Deutschland geschickt hat, bitter oder süß schmecken, werden vor allem die 66 000 Hochtief-Mitarbeiter (davon 11 000 in Deutschland) spätestens in zwei Jahren sagen können, wenn sie dann noch im Unternehmen sind. Versprechungen gab es reichlich. Hochtief soll selbstständig bleiben, Personal wird nicht abgebaut, ein Beherrschungsvertrag sei nicht angestrebt. Was sind die Erklärungen wert? Nichts, solange keine rechtsgültigen Verträge geschlossen wurden. Alles spricht für den Plan, dass sich ACS mit dem Vermögen aus Essen langfristig sanieren will. Mehr Klarheit wird spätestens am Abend des 12. Mai herrschen. Bei der anstehenden Hochtief-Hauptversammlung werden die Spanier beweisen wollen, wie stark ihr Einfluss durch weiteren Aktienkauf wirklich ist. ACS wird versuchen, dann den Aufsichtsrat mit eigenen Leuten zu verstärken, der im Vorstand die Kräfte vor die Tür setzen wird, die bis zuletzt die Abwehrschlacht organisiert hat. Der Widerspenstigen Zähmung - frei nach Shakespeare - droht dies dann ziemlich schnell auch Herbert Lütkestratkötter. Der Hochtief-Vorstandschef, der in Langenberg (Kreis Gütersloh) geboren wurde, hat alles versucht. Das Unternehmen hat gut gefüllte Auftragsbücher, erwirtschaftet solide Gewinne, verfügt über ein stattliches Vermögen - und das genau ist der Grund, warum Hochtief so begehrt ist. Das deutsche Unternehmen hatte nur einen Schönheitsfehler: Der Aktienkurs stand nicht hoch genug. Die Gefahr, sich an der Übernahme zu verschlucken, war für Interessenten geringer, als die Aussicht, sich mit Hochtief sanieren zu können. Nur das macht aus Sicht der Spanier Sinn. ACS setzt doch nicht die eigene Existenz aufs Spiel, um dann alles beim alten zu belassen. Auf Hilfe von deutschen Politikern kann Hochtief nicht setzen. Das Aktienrecht ist eindeutig geregelt. Möglichkeiten hätte es vermutlich gegeben. Vor drei Jahren hatte der deutsche Energieriese Eon versucht, den spanischen Stromanbieter Endesa zu übernehmen. Vergebens. Die Spanier haben zusammengehalten. Wirtschaft, Justiz und Regierung haben sich mit Händen und Füßen gewehrt, ließen sich selbst von Drohgebärden der EU aus Brüssel nicht schrecken und waren damit erfolgreich. Nationale Interessen stehen an erster Stelle - in vielen EU-Staaten, nur nicht in Deutschland.
Quelle: Westfalen-Blatt