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Börsen-Zeitung: Der Euro tanzt aus der Reihe

Archivmeldung vom 07.08.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.08.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Nach den schwachen wöchentlichen Daten vom US-Arbeitsmarkt hatten Anleger bereits mit einer weiteren Enttäuschung gerechnet. Doch als dann am Freitag der Monatsbericht des Arbeitsministeriums in Washington auf dem Tisch lag, fielen die Reaktionen deutlich aus. Europas Aktienmärkte gerieten schlagartig unter Druck, und ihnen gelang bis zum Handelsschluss auch keine zweite Trendwende.

Der Dax notierte letztendlich 127 Punkte unter dem Zweijahreshoch, das er noch im frühen Handel erreicht hatte. Der Dollar gab gegenüber dem Euro spürbar nach und stoppte erst auf dem niedrigsten Niveau seit drei Monaten. Der Goldpreis und der Bund-Future weiteten die jüngsten Gewinne aus.

Kein Zweifel: Die Finanzmärkte stellen sich nun auf die bevorstehende Abkühlung der US-Wirtschaft ein. Allein seit Juni fielen bei amerikanischen Unternehmen 131000 Jobs weg, während hierzulande noch Meldungen über das Jobwunder am Arbeitsmarkt kursieren. Die anhaltend hohe Arbeitslosenquote von 9,5% bedroht den privaten Konsum, der für die weltgrößte Volkswirtschaft doch so entscheidend ist: Rund 70% des Bruttoinlandsprodukts gehen darauf zurück. Aussagen von Analysten, wonach die Entwicklung nicht dramatisch sei und sich die Lage in den kommenden Monaten wieder entspannen soll, klingen da aktuell eher wie das Pfeifen im Walde. Es gehört allerdings auch zur Wahrheit, dass die Ängste vor einem Double Dip den meisten Anlagestrategen überzogen erscheinen. Vielmehr ist es zurzeit nicht recht abschätzbar, wie stark das Wachstum der US-Wirtschaft nachlassen wird. Dies sorgt für Verunsicherung.

Wahrscheinlich hält diese Verunsicherung - begleitet von sinkenden Frühindikatoren - eine ganze Weile an. Denn die Quartalsberichtssaison ist nun bald zu Ende, da treten makroökonomische Daten automatisch stärker in den Fokus. Entspannung gibt es vielleicht sogar erst, wenn sich der US-Arbeitsmarkt stabilisiert. Dass es über kurz oder lang dazu kommt, steht freilich außer Frage. Die rege Investitionstätigkeit der Unternehmen ist jedenfalls ein starkes Signal dafür, dass sich die Lage am US-Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit entspannen kann. Dann hellen sich die nun eingetrübten Perspektiven für den privaten Konsum wieder auf.

Bis es so weit ist, dürfte die Risikobereitschaft der Investoren nachlassen. Zu den Verlierern zählen in einem solchen Umfeld in aller Regel Aktien, für die nach dem jüngsten starken Anstieg die Luft ohnehin dünn geworden ist. Das macht es etwa für den Dax nicht einfacher, einen neuen Anlauf in Richtung des gerade markierten Zweijahreshochs zu unternehmen. Das Gewicht der defensiven Titel, die in konjunkturell angespannten Phasen erste Wahl sind, ist in jedem Fall zu gering, um den Dax allein weiter anzutreiben.

In den kommenden Wochen, und das hat die Reaktion der Finanzmärkte auf den schwachen US-Arbeitsmarktbericht am Freitag ebenfalls gezeigt, dürfte zudem das Interesse an Investments wie Edelmetallen und Staatsanleihen wieder steigen. Gold kostete nach jüngster Korrektur vor dem Wochenende jedenfalls schon wieder mehr als 1200 Dollar pro Feinunze, und der Bund-Future legte in der Spitze um 50 Ticks bis auf 130,14% zu.

So weit, so wenig überraschend: Lediglich am Devisenmarkt deutete sich endgültig eine Verschiebung zugunsten des Euro an. Lobten Marktteilnehmer den Dollar bis zuletzt, als die Schuldenkrise in Europa hoch kochte, als sicheren Hafen, gerät die US-Valuta nun zunehmend unter Druck. In der Spitze kletterte der Euro nun schon auf 1,3333 Dollar, den höchsten Stand seit Anfang Mai. Am 7.Juni hatte er noch bei 1,1875 Dollar notiert.

Der Aufwärtstrend der Gemeinschaftswährung dürfte noch einige Zeit andauern. Mit den Sparbeschlüssen der Staaten in der Euro-Peripherie haben sich die Finanzierungsmöglichkeiten dieser Länder verbessert, die Schuldenkrise hat ihren größten Schrecken verloren. Zudem zeigen in Europa immer noch viele Konjunkturindikatoren aufwärts. Gut möglich also, dass der Euro schon bald mit 1,37 Dollar bezahlt wird, wie es Analysten in einer Umfrage der Börsen-Zeitung in der abgelaufenen Woche vorausgesagt haben.

Quelle: Börsen-Zeitung

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