Lausitzer Rundschau: Schäuble will zur Terrorbekämpfung auch Geistliche belauschen
Archivmeldung vom 17.01.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSchon im Mittelalter galt für Geistliche das Beichtgeheimnis. Was dem Pfarrer anvertraut wird, hat geheim zu bleiben. Sollte ein Priester dennoch plaudern, ist er seit 1215 mit der Exkommunikation bedroht. Generationen von Christen haben diesen Zustand respektiert: Geistliche gingen lieber ins Gefängnis und starben den Foltertod, als Details der Beichte preiszugeben.
Und bis heute findet sich in der Strafprozessordnung der Bundesrepublik ein Passus, der es Geistlichen erlaubt, über Details aus einem Seelsorgegespräch zu schweigen. Künftig freilich soll das nichts mehr Wert sein. Denn falls im Anti-Terror-Kampf Gefahr gewittert wird, will der christlich-demokratische Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble dem Bundeskriminalamt auch das Abhören von Abgeordneten, Strafverteidigern und eben Geistlichen erlauben. Der vertrauliche Anruf bei einem Seelsorger wird dann nicht mehr möglich sein: Ohne dass der Anrufer es weiß, hört vielleicht ein Dritter mit. Sollte das zur Praxis werden, wäre es ein Armutszeugnis. Zur freiheitlichen und rechtsstaatlichen Demokratie gehört, dass es Bereiche gibt, die für den Staat tabu sind. Werden sie dem Anti-Terror-Kampf geopfert, haben die Terroristen schon gewonnen: Dann entsteht ein Überwachungsstaat, wie er totalitäre Regimes auf der ganzen Welt kennzeichnet.
Quelle: Lausitzer Rundschau