WAZ: WestLB-Fusion in Gefahr - Und dann kam auch noch Pech dazu
Archivmeldung vom 22.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittErst fehlt das Glück, und dann kommt auch noch Pech dazu. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) agiert auf Messers Schneide, was die Rettung der WestLB angeht.
Wie groß das Risiko ist, zusammen mit der angeschlagenen Bank
abzustürzen, zeigt die Absage der hessischen Sparkassen an den
Brautwerber Rüttgers. Der hatte die Hessische Landesbank (Helaba) im
Dezember in einem Überraschungscoup als Partner für die WestLB
ausgeguckt - und zwar gegen die Sparkassen (wofür es aus seiner Sicht
Gründe gab), dafür aber mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland
Koch (CDU). Seit Ypsilanti aber ist Koch nicht mehr halb soviel wert
wie vor der Landtagswahl in Hessen . . . Und dann kam auch noch Pech
dazu.
Rüttgers hat die Aktion "Rettet die WestLB" zu seiner Sache
gemacht: Weil es ihm nicht passte, wie die Sparkassen in NRW ihren
eigenen Laden am liebsten schnellstmöglich an die Stuttgarter
Landesbank vertickt hätten; weil es ihm nicht gefiel, wie
Sparkassenfunktionäre die Reputation und mithin den Preis der WestLB
öffentlich klein redeten; weil es nicht klar war, mit welchem
Geschäftsmodell die WestLB in einer Partnerschaft leben sollte.
Wer Rüttgers als den ehemaligen Parlamentarischen Geschäftsführer
der Union kennt, weiß den Mann ernst zu nehmen. Der Ministerpräsident
hat sich also aufgebockt. Ganz Minister, wenig Präsident, hat er sich
mit den Sparkassenfürsten angelegt. Und dann kam auch noch Pech dazu:
Weitere Milliarden an Steuergeld wurden für die Stützung der WestLB
fällig.
Und nun? Nun droht nicht nur der WestLB der Untergang, denn ohne
Partner, so viel ist klar, kann die Bank nicht leben bleiben. Auch
Rüttgers droht ein enormer politischer Schaden. Er muss jetzt alles
daran setzen, eine vernünftige Lösung zu finden. Und die kann nach
dem Stand der Dinge nur ein großer Wurf sein: Alle Landesbanken
müssen sich zusammenschließen, ein Geschäftsmodell zusammen mit den
Sparkassen entwickeln, die Finger aus dem Hochrisiko-Business lassen
und tausende Arbeitsplätze abbauen. Das alles muss schnell gehen und
alle Beteiligten - die Ministerpräsidenten wie die Sparkassenverbände
- müssen ihre Egoismen überwinden. Rüttgers hat jetzt allen Grund,
sich als Motor dieser Entwicklung zu betätigen. Dafür wird er Freunde
brauchen, allen voran den Bundesfinanzminister. Immerhin geht es um
die dritte Säule des deutschen Bankenwesens: die Sparkassen
insgesamt.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Thomas Wels)