Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Thema Opel
Archivmeldung vom 30.05.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Woche der Wahrheit für Opel ist zu Ende, das Zittern der 26 000 in Deutschland Beschäftigten aber noch längst nicht. Auch wenn Politiker den Opelanern noch so große Hoffnungen machen: Am Ende wird es beim traditionsreichen Autohersteller massive Einschnitte geben. Vielleicht nicht sofort, aber in ein, zwei Jahren. Vielleicht sogar bereits unmittelbar nach der Bundestagswahl.
Egal, wie die Opel-Rettung mit Hilfe des kanadischen Zulieferers Magna im Detail aussieht: Investoren - wie auch immer sie heißen - wollen Geld verdienen. Auch bei Magna ist das nicht anders. Jedes Konzept wird Personalabbau nach sich ziehen, auch wenn die deutschen Opel-Standorte in Rüsselsheim, Bochum, Eisenach und Kaiserslautern vorerst erhalten werden. Denn Opel kann in seiner jetzigen Größe niemals Geld verdienen. Opel verbrennt derzeit Geld. Das hat Fiat-Chef Sergio Marchionne zuletzt immer wieder betont. Der gewiefte Manager hat sich offenbar verzockt. Er ist vermutlich aus dem Verhandlungspoker ausgestiegen, weil er gehofft hatte, Opel über einen Umweg günstiger »schlucken« zu können. Denn wäre Opel in die Insolvenz gefahren, hätte Sergio Marchionne sicherlich wieder auf der Matte gestanden und zugegriffen. Ähnlich hat es Marchionne mit Chrysler gemacht. Nun deutet alles auf Magna hin. Der kanadische Zulieferer will mit Opel den russischen Markt erobern. Das klingt gut. Ob dies gelingen wird, ist zumindest zu hoffen. Nicht gut klingt, dass Werksschließungen laut Magna jedenfalls vorerst nicht ausgeschlossen werden. Und Magna macht ebenfalls keinen Hehl daraus, europaweit 10 000 Stellen abzubauen. Vor allem sollen jedoch Arbeitsplätze außerhalb Deutschlands wegfallen, wie Magna immer wieder betont hat - eine Garantie gibt es für die Opel-Mitarbeiter in Deutschland aber nicht. Richtig gute Nachrichten klingen anders. Der geplante Magna-Einstieg ist für die Opelaner somit nicht mehr als ein Silberstreif am Horizont. Der wochenlange Poker um die Opel-Rettung - er war und ist auch eine Wahlkampfschlacht. Am Wochenende werden sich die an den Verhandlungen beteiligten Politiker selbst in den höchsten Tönen loben. Sie werden sagen, alles dafür getan zu haben, damit so viele Arbeitsplätze wie möglich gerettet werden können. In Wahrheit blieb der Bundesregierung gar keine andere Wahl, als sich in letzter Sekunde für Magna zu entscheiden. Zu groß war der Druck, der auf den Verhandlungsführern Merkel, Steinmeier, Guttenberg & Co. lastete. Zu groß wäre die Blamage gewesen, Opel wenige Wochen vor der Bundestagswahl in die Insolvenz zu schicken. Aber die Opel-Rettung mit Steuergeldern in Millionenhöhe wird es der Bundesregierung auf ihren letzten Metern nicht leichter machen. Die nächsten Unternehmen stehen bereits Schlange: Karstadt, Porsche und Schaeffler - auch sie fordern Staatshilfe.
Quelle: Westfalen-Blatt