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Lausitzer Rundschau: Zur Kandidatensuche für das Amt des Bundespräsidenten

Archivmeldung vom 20.02.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.02.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Eigentlich sollte diesmal alles anders werden. Doch tatsächlich ist nichts anders geworden. Die Parteien haben bei der Suche nach einem neuen Bundespräsidenten am Wochenende genau die taktischen Spielchen und Winkelzüge vollzogen, die sie nach dem Wulff-Debakel vermeiden wollten. Kandidaten wurden genannt, Kandidaten wurden instrumentalisiert und politisch verbrannt. Es wurde gezockt und gepokert - und jetzt soll doch Joachim Gauck neuer Bundespräsident werden.

Endlich. Dass die Wahl jetzt auf Gauck gefallen ist, ist kein Verdienst der Politik, sondern schlichtweg dem gesunden Menschenverstand geschuldet. Kein anderer der genannten Kandidaten hat eine derart überzeugende, öffentliche Reputation. Der ehemalige Bürgerrechtler ist zudem jetzt genau der richtige Mann, der wie einst Johannes Rau versöhnen statt spalten kann. Das wird zunächst Gaucks wichtigste Aufgabe werden. Denn nicht nur das Amt des Staatsoberhauptes ist durch die Wulff-Affäre massive ramponiert worden. Durch Deutschland zieht sich seit zwei Monaten ein geistig-moralischer Riss was die Bewertung der Wulff-Affäre angeht. Und - viel schlimmer - ob der Bundespräsident überhaupt noch gebraucht wird. Für Gauck muss daher nach dem Wulff-Drama das Vertrauen in das Amt wiederherstellen und für einen neuen, gesellschaftlichen Frieden in dieser Frage zu sorgen.  Der FDP muss man zugestehen, sie hat hoch gepokert und gewonnen. Der Schwanz hat ausnahmsweise mal mit dem Hund gewedelt. Auch um den Preis der Koalition. Angela Merkel ist am Ende eingeknickt, nicht nur vor den Liberalen und dem immensen Druck, den auch die Opposition ausgeübt hat. Sondern hoffentlich auch vor den eigenen Ansprüchen. Sie wollte angeblich den Konsens. Sie ist aber in Wahrheit - anders als versprochen - nicht ergebnisoffen in die Gespräche gegangen, auch sie hat stets danach geschaut, welcher Kandidat ihr welchen politischen Nutzen bringen und welcher ihr vielleicht schaden könnte. Deswegen ihr erstes Nein zu Gauck. Das alles ist zwar grundsätzlich legitim. Aber nicht mehr dann, wenn man schon zwei Präsidenten verschlissen hat. Angela Merkel hat als Kanzlerin Schaden somit genommen. Und die Koalition? Sie steht nun schlechter da denn je. Nicht wegen Gauck. Sondern wegen des Prozederes. Dass die Suche nach dem Wulff-Nachfolger fast zum Ende der Regierung geführt hat, ist zudem in der Geschichte der Republik einmalig. SPD und Grüne können daher zufrieden sein. Hohe Regierungskunst war es ganz und gar nicht, was man bei der Präsidentensuche von Schwarz-Gelb erleben durfte.

Quelle: Lausitzer Rundschau (ots)

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