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WAZ: Atomtest in Nordkorea

Archivmeldung vom 26.05.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.05.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

So schnell kann's gehen. Noch vor wenigen Wochen träumte US-Präsident Barack Obama von einer atomwaffenfreien Welt. Jetzt hat ihn der nordkoreanische Diktator Kim Jong-Il unsanft in die traurige Realität zurückgeholt. Der unterirdische Atomtest, der zweite des bitterarmen Landes seit 2006, zeigt: Vision und Illusion liegen dicht beieinander.

Man könnte es sich leicht machen und Kim Jong-Il als kranken, Cognac trinkenden Spinner abtun, der US-Spielfilme sammelt und aus Leidenschaft für die Leinwand auch schon mal eine Schauspielerin entführt. Man könnte schmunzeln über seine Skurrilitäten, wenn es nicht so bitter, wenn es nicht so gefährlich wäre, wenn er nicht so viel Macht hätte - und vermutlich bald auch die Atombombe.

Kim Jong-Il, der "geliebte Führer", hat sein Land hochgerüstet. Er ist ein Phantom, kaum jemand bekommt ihn zu Gesicht, und er ist unberechenbar. Experten gehen davon aus, dass es noch ein paar Jahre dauern wird, bis das Land tatsächlich über die Atombombe verfügt; derzeit sind die Sprengköpfe offenbar noch zu groß für die Trägerraketen, über die Nordkorea verfügt. Aber das ist nur eine Frage der Zeit. Und vielleicht auch nur eine Frage der Zusammenarbeit. Man kann nicht sicher sein, dass sich die Schurkenstaaten dieser Welt nicht doch irgendwann zu einer unheilvollen Allianz zusammenfinden: Sagst du uns, wie man Plutonium herstellt, sagen wir dir, wie man Trägerraketen baut.

Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass die "Sonne der Menschheit", wie Kim Jong-Il sich gerne nennen lässt, einen Supermarkt der Superschurken aufbauen will. Bislang folgten seine Raketen- und Atomtests einem eiskalten Kalkül: Sie sollten internationale Aufgeregtheit und Aufmerksamkeit provozieren und die USA zu mehr wirtschaftlicher Hilfe anspornen. Das klappte unter Präsident Bush auch immer. Bei Obama, mit dem der Wind des Wandels durchs Weiße Haus fegt, war Nordkorea bisher allenfalls eine Fußnote. In Pjöngjang aber wird man genau registriert haben, wie Obama auf den Iran zuging, welche Versprechungen im Raum stehen.

Kim Jong-Il plustert sich auf. Und die Staatengemeinschaft lädt zur Sondersitzung. Was tun mit dem "ungeliebten Führer"? Einigkeit ist gefragt - vor allem zwischen den USA, China und Russland. Aber diese Vision hat sich in der Vergangenheit auch als Illusion entpuppt. Und im Alleingang schafft Obama den Wandel nicht. 

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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