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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Landtagswahlen

Archivmeldung vom 28.03.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.03.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Dieser Wahlabend wird in die Geschichtsbücher eingehen: Den Grünen ist nicht weniger als ein historischer Triumph gelungen. In Baden-Württemberg könnte der 62-jährige Winfried Kretschmann tatsächlich der erste grüne Ministerpräsident Deutschlands werden. In Rheinland-Pfalz springen die Grünen von der außerparlamentarischen Opposition direkt auf die Regierungsbank. Damit sind die Grünen nun insgesamt in 15 von 16 Landtagen vertreten.

Zweifelsohne hat keine Partei so sehr von der Debatte um die Atomkraft profitiert wie die Grünen. Das allein aber kann den Höhenflug nicht erklären. Keine Frage: An diesem 27. März ist die Republik ein Stück grüner geworden. Nun allerdings muss die Partei beweisen, dass sie die Erwartungen gerade ihrer neuen Wähler auch erfüllen kann. Der FDP ist das nach einer ähnlichen Erfolgsserie gründlich misslungen. Gerade das Schicksal der Liberalen dürfte den Grünen Warnung und Mahnung zugleich sein.

Wo ein Sieger alles und alle überstrahlt, muss es auch Verlierer geben. Gestern gab es außer den Grünen fast nur Verlierer. Der größte ist zweifelsohne Stefan Mappus. Nach 58-jähriger Regentschaft muss die CDU in Baden-Württemberg in die Opposition, und das hat viel mit dem Noch-Ministerpräsidenten Mappus zu tun. In den gerade einmal 14 Monaten seiner Regierungszeit hat er beinahe alles falsch gemacht, was falsch zu machen war. Er hat sich als Konservativer zu stilisieren versucht, weil er hier eine Lücke in der Union vermutete. Er hat wie kein Anderer für die Atomkraft gestritten. Kein Wunder, dass ihm die energiepolitische Wende nach der Atomkatastrophe von Japan am allerwenigsten abgenommen wurde. Vor allem aber hat Mappus beim Streit um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 jedes politische Gespür vermissen lassen; dramatisch sein Missmanagement. Heiner Geißler konnte zwar schlichten, doch das Vertrauen in den Regierungschef war weg. Unfassbar angesichts der ökonomischen Rahmendaten und der politischen Tradition im Schwabenland. Dieser Vertrauensverlust war für Mappus der Anfang vom Ende, nicht Fukushima - auch wenn der 44-Jährige das anders darzustellen versucht. Mappus könnte den größten Teil seiner politischen Karriere schon hinter sich haben. Seine Zukunft in der Union ist mehr als ungewiss.

Ganz anders dagegen die Situation der CDU-Spitzenfrau Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz. Die 38-Jährige hat die Werte ihrer Partei stabilisiert. Zu mehr als einem Achtungserfolg reichte es zwar nicht, doch Klöckners Zeit könnte noch kommen. Ihr Abschneiden nimmt auch für Kanzlerin Angela Merkel und die Bundes-CDU etwas Druck vom Kessel. Zwar wird das Debakel in Baden-Württemberg zu heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen führen. Entlastend dürfte für Angela Merkel allerdings wirken, dass in Stefan Mappus ein Hauptschuldiger schon ausgemacht ist.

FDP-Chef Guido Westerwelle hingegen hat so einen Buhmann nicht vorzuweisen. Die Liberalen sind nur äußerst knapp am totalen Desaster vorbeigeschlittert. Personelle Konsequenzen für den Parteichef sowie für die Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger - spätestens beim Bundesparteitag im Mai - sind damit noch keineswegs ausgeschlossen.

Die SPD schließlich ist allenfalls ein Sieger zweiter Klasse. Allein, dass die Sozialdemokraten in Baden-Württemberg nicht mehr als ihr schlechtestes Ergebnis aller Zeiten zur historischen Wachablösung beisteuern konnten, spricht Bände. »Grün-Rot« und »Juniorpartner« sind Begriffe, an die man sich sicher erst gewöhnen muss in der SPD. Auch in Rheinland-Pfalz sind die Verluste für Ministerpräsident Kurt Beck dramatisch. Die Alleinregierung ist dahin, noch dazu fällt der Vorsprung auf die CDU denkbar knapp aus. Echte Erfolge sehen ganz sicher anders aus.

Quelle: Westfalen-Blatt

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