Westdeutsche Zeitung: Ein Hauch von Mannesmann - von Horst Kuhnes
Archivmeldung vom 20.12.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlIrgendwie erinnern die Ermittlungen gegen den Medikamenten-Hersteller Ratiopharm an das Mannesmann-Verfahren. Zwar geht es bei Ratiopharm nicht um Millionenbeträge für Einzelne, dafür aber wohl um Hunderte von Einzelbeträgen, die sich zu Millionen summieren. Und wie bei Mannesmann sollen sich die Beteiligten einer Anstiftung oder Beihilfe zur Untreue oder zum Betrug strafbar gemacht haben.
Auch wurden die Ratiopharm-Ermittlungen wie bei Mannesmann von
der Staatsanwaltschaft zunächst eingestellt, aber auf Geheiß der
(politisch weisungsgebundenen) Generalstaatsanwaltschaften erneut
aufgenommen.
Es gibt aber auch Unterschiede: Während es bei Ackermann, Esser, Funk und Co. zumindest umstritten war, ob durch deren finanzielle Machenschaften tatsächlich jemand geschädigt wurde, dürfte dies im Fall Ratiopharm leicht zu bejahen sein. Denn wenn ein Unternehmen den Absatz seiner Waren dadurch fördert, dass es den Verkäufern Prämien zahlt, liegt es nahe, dass die Prämien eingepreist sind und von den Käufern bezahlt werden. Doch während man sich im normalen Warenverkehr durch Preisvergleich vor überteuerten Produkten schützen kann, hat man als Patient diese Möglichkeit nicht und muss auf seinen Arzt vertrauen.
Zwar merken es die Patienten nicht unmittelbar am eigenen
Geldbeutel, wenn sie die teureren Medikamente erhalten. Aber bezahlen
müssen sie letztlich doch - über hohe Krankenkassenbeiträge. Die
kommen auch dadurch zu Stande, weil es einen echten Preiswettbewerb
für Medikamente bislang nicht gab. So bleibt zu hoffen, dass der Fall
Ratiopharm tatsächlich vor die Schranken eines Gerichts kommt und
eine juristische Bewertung in Form eines Urteils erhält und nicht
gegen Geldauflagen eingestellt wird.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung