Neue Westfälische (Bielefeld): SPD bleibt blass
Archivmeldung vom 01.07.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSPD-Chef Sigmar Gabriel nutzte die Atom-Debatte für eine scharfe Abrechnung mit Schwarz-Gelb. Reden kann der SPD-Chef. Da saß jeder Hieb. Doch in Wahrheit steht die SPD trotz solch rhetorischer Feuerwerks-Erlebnisse nicht besonders gut da. Opposition ist Mist, befand einst Franz Müntefering. In dieser Zeit wollten die Genossen inhaltliche Dinge klären.
Das verläuft schleppend. Und dabei ist die schwarz-gelbe Regierung so angeschlagen, dass ein vorzeitiges Ende zwar unwahrscheinlich, aber nicht völlig auszuschließen ist. Da müsste die größte Oppositionspartei im Prinzip das Regierungsprogramm schon in der Tasche haben. Die SPD lässt sich mit dem Profil Zeit. Dass der Kanzlerkandidat noch nicht feststeht, ist Symptom dieser strategischen Schwäche. Wieder einmal stellt sich die Frage, wofür die Bundes-SPD steht. Natürlich sind die Genossen gegen Steuersenkung auf Pump. Aber gerade jetzt hätte man gerne erfahren, wie es denn die SPD selber mit Steuern und Abgaben hält. Doch die Vorlage des lange versprochenen Konzepts ist gerade erst auf den Herbst verschoben worden. Dass Gabriel der Partei eine Organisationsreform verordnet, ist richtig und nötig. Aber das allein macht noch kein spannendes Profil. Auch dass die SPD eine Migrantenquote für Führungsgremien beschlossen oder sich in der Sarrazin-Debatte heillos verheddert hat, zeugt davon, dass die Partei noch nicht so dicht an den Alltagssorgen dran ist, wie sie sich vorgenommen hatte. Dass jemand, der so gut reden kann wie Gabriel, zur Orientierung ein blutleeres, verkopftes "SPD-Fortschrittsprogramm" vorlegt, gehört zu den weiteren Ungereimtheiten. Vielleicht sollte die Bundes-SPD stärker von den Bundesländern lernen - was die Nähe zu den Menschen betrifft, haben Sozialdemokraten wie Hannelore Kraft oder Olaf Scholz sicher eine Menge Erfahrungen weiterzugeben.
Quelle: Neue Westfälische (ots)