WAZ: Kommentar zu: Die CIA-Affäre: Ein schlechtes Bild
Archivmeldung vom 08.12.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDa wird ein deutscher Staatsbürger libanesischer Abstammung offensichtlich vom amerikanischen Geheimdienst CIA entführt. Der Mann, El Masri, wird verhört, gefoltert. Als man am Ende feststellt, dass er nicht derjenige ist, für den man ihn gehalten hat, nämlich einen Terrorverdächtigen, wird er auf freien Fuß gesetzt.
Der damalige US-Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland
informiert den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) über
diesen Vorgang. Man verabredet absolute Vertraulichkeit. Was aus
heutiger Sicht unglaublich klingt. Denn Vertraulichkeit über ein
Verbrechen, kann es das wirklich geben?
Man hätte annehmen können, ja
müssen, dass der Verfassungsminister sich empört, vielleicht Anzeige
gegen Unbekannt erstattet.
Dann versucht der Mann, das Opfer eines Verbrechens, nach der
Freilassung die Öffentlichkeit für seine Geschichte zu gewinnen. Er
will Wiedergutmachung. Seine Story wird zunächst als Räuberpistole
abgetan, Presse und Politik tun sich schwer damit. Der einzige Mann,
der ihm hätte helfen können, war Schily. Noch heute beruft der sich
aber auf das gegebene Wort. Dabei darf man fragen, ob es
Vertraulichkeit bei einem Verbrechen geben kann?
Als die Berliner Presse sich anlässlich des Besuchs der US-
Außenministerin Rice des Falls annimmt, stößt sie auf eine Mauer des
Schweigens. Keiner der Sprecher der Bundesregierung scheint etwas
Genaues zu wissen. Will man etwas verschweigen? Oder tun sich die
Deutschen schwer mit der Aufklärung des Falls El Masri, weil der
amerikanische Geheimdienst CIA der Täter ist, also Freunde
Deutschlands?
Mit seiner miserablen Informationspolitik hat Schily der Politik
einen Bärendienst erwiesen. Der neue Außenminister Steinmeier geriet
durch Schilys Schweigen unnötig unter Druck. Tagelang ließ Schily die
Öffentlichkeit im Unklaren, brachte die Sprecher der Bundesregierung
in arge Verlegenheit, um dann in einem Zeit- Interview selbstgerecht
festzustellen: „Ich bin nicht der Ermittlungsgehilfe der
Staatsanwaltschaft.”
Alles legal, wird Schily sagen. Aber auch legitim? Gemeint im
Sinne von nicht anstößig kaum. Er hat geschworen, dem Wohle des
deutschen Volkes zu dienen. Was wohl El Masri dazu sagen würde? Otto
der Große ist vom Sockel gefallen.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung