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WAZ: SPD macht Druck auf die Kanzlerin: Schlagende Ratschläge

Archivmeldung vom 02.10.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Von Johannes Rau stammt das lebenskluge Bonmot, wonach Ratschläge eben auch Schläge sein können. Daran hat sich nun der SPD-Fraktionsvorsitzende gehalten. Peter Struck erteilt der Kanzlerin von der CDU ein paar sehr schöne Ratschläge, und er verprügelt sie dabei herzallerliebst.

Für diese Taktik ist Struck der Richtige: er hat schon viel Macht und mehr als er ist will er nicht werden. Also ist er quasi unangreifbar. Systematisch arbeitet er die Schwächen der Kanzlerin heraus. Die eigenwilligen CDU-Ministerpräsidenten? Struck: Ein Problem der CDU-Chefin. Merkel möge sich die Herren doch bitte schön im CDU-Präsidium vornehmen. Edmund Stoiber von der CSU? Struck: Ohne die CSU-Landesgruppe, die an Stoibers Leine hänge, verliere die Große Koalition ihre Macht. "Aber das ist das Problem der CDU-Vorsitzenden und nicht meines." Merkels anscheinend auf Konsens abonnierte Persönlichkeit? Struck: "Ein Kanzler muss an irgendeiner Stelle sagen: So will ich das haben. So wird das gemacht." Und basta.

Das Problem mit Strucks Ratschlägen lautet: er liegt richtig. Nur darum können daraus auch Schläge werden. Tatsächlich stellt sich genau diese eine entscheidende Frage: Hat Merkel Richtlinienkompetenz? Besitzt sie diese in ihrer Eigenschaft als Parteivorsitzende, als Kanzlerin? Genau genommen hat eine CDU-Chefin keine Macht über Länder-Regierungschefs, denn die agieren als vom Volk gewählte Repräsentanten nach eigenem Recht. Sie sitzen auch nicht deshalb im CDU-Präsidium, um sich der CDU-Vorsitzenden zu unterwerfen, sondern um ihre Sicht der Dinge in die christdemokratische Politik einzubringen.

Gerade im Parteipräsidium wird deutlich: Die CDU ist keine zentralistische Partei (wie die SPD), sondern nach ihrer Geschichte föderal, also dezentral. Das ist eine Stärke, weil die Länder-Chefs je nach Wahlvolk Politik machen können: Oettinger im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg liberal, Rüttgers im sozialdemokratisch geprägten Nordrhein-Westfalen eben sozial.

Eine Schwäche wird daraus, weil aus dieser Vielfalt auf Bundesebene keine Einheit zu formen ist. Auch deshalb, weil sich die Ministerpräsidenten mit Blick auf ihre eigenen Ambitionen, wiedergewählt zu werden, von einer schwachen Regierung geradezu im Schweinsgalopp absetzen.

An der Berliner Schwäche wiederum ist die SPD zur Hälfte beteiligt. Davon erfolgreich zu Lasten der CDU-Kanzlerin abgelenkt zu haben, ist Strucks Verdienst. Ein erfahrener Ratschläger halt.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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