Allg. Zeitung Mainz: zum Brückeneinsturz in Genua
Archivmeldung vom 15.08.2018
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Freigeschaltet durch André OttGenua ist ganz nah. Über den "Viadotto Polcevera" sind auch viele deutsche Italien-Urlauber gefahren; wer nun die Bilder der hinabgestürzten Brückenteile sieht, ist fassungslos angesichts der Katastrophe. Ein Albtraum, für den es wenige Worte und noch weniger Erklärungen gibt, schon gar keine gesicherten. Marode Bausubstanz und mangelnde Instandhaltung als Dauerproblem oder aktuell die Arbeiten am Grund der Brücke und ein Unwetter mit Blitzeinschlag - was genau das Bauwerk zum Einsturz gebracht hat, wird womöglich erst in Monaten bekannt sein.
Hüten sollte man sich unbedingt davor, sogleich - nur weil es sich um Italien handelt - mafiöse Strukturen und Korruption, Misswirtschaft und Schlamperei hinter dem Unglück zu vermuten. Denn Genua ist auch deshalb ganz nah, weil sich der Blick wie von selbst auf den Zustand der Brücken hierzulande richtet. Nein, es wäre pietätlos, etwa den Unfall an der Schiersteiner Brücke mit der tödlichen Katastrophe zu vergleichen; aber einige Parallelen zwischen Italien und Deutschland gibt es dann doch: Wir reden über Tausende Brücken im Land, die in den Wiederaufbaujahren nach dem Krieg entstanden sind.
Für die Massen an Autos und schweren Lastwagen, die heute darüber rollen, wurden sie damals nicht geplant. Sie sind nun, nach 50, 60 Jahren, am Ende - und müssten eigentlich saniert oder gleich ganz ersetzt werden. Wenn denn der Bund nachkäme bei dieser Milliardenaufgabe. Stattdessen bleibt den Behörden vielerorts wenig anderes übrig als ständige Überwachung, um schlimmstenfalls einen Einsturz zu verhindern. Und wird doch einmal gebaut, stöhnen die Pendler über Dauerstaus. Es droht ein Verkehrskollaps, aus dem es kaum einen Ausweg gibt.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz (ots) von Christian Matz