Leipziger Volkszeitung zu Weißrussland
Archivmeldung vom 27.12.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWie sich das Szenario doch gleicht. Vor Jahresfrist drohte der russische Staatsmonopolist Gazprom der Ukraine mit einem Lieferboykott. Auch damals ging es um massive Preiserhöhungen und in der Folge um Engpässe für Zielländer in Westeuropa. Der ukrainische Nachbar hatte sich nach dem Stopp der Lieferungen aus den für den Transit bestimmten Kontingenten bedient.
Das marktwirtschaftlich getarnte Säbelrasseln einer der weltweit
mächtigsten Energiefirmen wurde im Januar vor allem als politisches
Ultimatum gegenüber der aufmüpfigen Ex-Sowjetrepublik gewertet.
Gazprom, so die internationalen Analysen, habe sich vor allem im
Namen des Kreml gegen die neuen Machthaber in Kiew in Stellung
gebracht. Deren Pro-West-Kurs nach der orangenen Revolution war in
der russischen Machtzentrale auf erbitterten Widerstand gestoßen.
Nun trifft es mit dem angedrohten Lieferstopp von Gazprom wie in Kiew
wieder einen in Moskau unbeliebten Machthaber. Es gehört zu den
politischen Unberechenbarkeiten des ehemaligen Sowjetreichs, dass der
weißrussische Diktator Lukaschenko vom Kreml bei seinem manipulierten
Wahlsieg im Frühjahr noch hofiert und unterstützt wurde. Jetzt
bekommt der international isolierte Lukaschenko die Quittung aus
Moskau.
Russland wird Schließlich überraschend auch ein Themenfeld ohne
Reibungsverluste gegeben: CDU-Kanzlerin Merkel funkte mit ihrem
SPD-Außenminister Steinmeier stets auf der gleichen Wellenlänge. Vom
Libanon-Konflikt bis zum Irak-Krieg - wer davor gewarnt hatte, dass
die alten außenpolitischen Reibereien zwischen Union und SPD das
Koalitionsklima von Anfang an belasten könnten, musste sich bislang
revidieren.
Der mühsam bewahrte Burgfrieden gerät nun ins Wanken, die politische
Zwansgemeinschaft bekommt auch hier ihre ersten Risse. An der
Türkei-Frage spalten sich die Geister. Die Kanzlerin plädiert wie in
der letzten Woche beim Treffen mit ihrem französischem Amtskollegen
Chirac öffentlich dafür, bei weiteren EU-Beitrittsverhandlungen den
Druck auf die Türkei zu erhöhen. Ressortchef Steinmeier will dagegen
trotzige türkische Überreaktion vermeiden und segelt auf moderatem
Kurs.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung