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Leipziger Volkszeitung zum Treffen Merkels mit Dalai Lama

Archivmeldung vom 24.09.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.09.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

China reagiert so, wie Diktaturen reagieren, wenn sie sich an einem wunden Punkt getroffen fühlen - und an ihren Grundmauern. Es ist nicht überraschend, dass China heftig gegen das politisch hoch brisante, aber geschickt und etwas scheinheilig als privat deklarierte Treffen des Dalai Lama mit Angela Merkel ausgerechnet im Kanzleramt protestiert und polemisiert.

Merkels Vorgänger Schröder hatte wie die meisten Führer demokratischer Länder einen Kotau nach dem anderen vor den Pekinger Machthabern gemacht. Kaum jemand legt sich an mit der kommunistischen Großmacht, die sich anschickt, wirtschaftliche und militärische Supermacht zu werden und von den USA erheblich ernster genommen wird als das verzweifelt nach altem Einfluss strebende Russland.
Wenn sich Merkel bei ihren Besuchen in Peking laut vernehmlich für Menschenrechte einsetze, ätzte Schröder sarkastisch, werde das dort ungeheure Erschütterungen auslösen. Dieser Spott nach dem Motto, Merkels Menschenrechtspolitik bewirke so viel wie ein irgendwo im chinesischen Riesenreich umkippender Sack Reis, ist korrekturbedürftig. Ein Jahr vor den Olympischen Spielen, da man in Peking lieber über fröhlichen Sportsgeist als Freiheitsrechte redet, fällt Merkels Sack Reis aus Berlin den Pekinger Magnaten schmerzhaft auf die Füße. Der Dalai Lama, stets freundlicher Friedensnobelpreisträger und religiöses Oberhaupt des seit 1951 von China unterjochten Tibet, nervt Peking ganz besonders: Gegenüber seiner globalen Witz- und Charmeoffensive wirken die regierungsoffiziellen Hasstiraden Chinas ziemlich hässlich. Zu Recht mit Angst erinnern sich Chinas kommunistische Diktatoren an den Zerfall der Sowjetunion: Würde das politisch und kulturell unterdrückte Tibet frei und unabhängig, hätte das mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Dominoeffekt mit anschließender Demokratisierung zur Folge. Der Zwangsversuch, die kommunistische Diktatur mit kapitalistischer Wirtschaft zu retten, die chinesische Perestroika ohne Glasnost, wäre gescheitert.
Merkel lässt sich außenpolitisch nur ungern hinter die Fichte führen, das haben auch schon die Demokraten Sarkozy und Bush sowie der Lupenreine, Putin, zu spüren bekommen. Auch brisante Themen unerschrocken und ohne Selbstzensur anzusprechen, ist Merkels außenpolitisches Markenzeichen. Dass sie trotz aller Drohungen beim Menschenrechtsverletzer und Technologieklauer China keine Ausnahme macht, bringt ihr im In- und Ausland Respekt ein. Es kann nicht sein, dass Peking bestimmt, wen eine deutsche Bundeskanzlerin empfängt und von wem sie sich einen Schal schenken lässt. Wenn China nun ausgerechnet einen Rechtsstaatsdialog absagt, stellt es sich selbst ins Abseits. Dass das chinesische Außenministerium Berlin aufgefordert hat, den Dalai Lama nicht einreisen zu lassen, ist eine diplomatische Ungeheuerlichkeit.
Pekings Führungsriege könnte nun wirtschaftspolitische Rache üben und weniger Aufträge an deutsche Unternehmen vergeben. Doch damit schnitte sich Peking auch ins eigene Fleisch: Deutsche Waren werden abgesehen von einigen Prestigeprojekten im Ausland in aller Regel nicht gekauft, weil Berliner Politiker global auf Knien unterwegs sind, sondern weil sie eine hervorragende Qualität haben.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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