Rheinische Post: Merkel in der Koalitionsfalle
Archivmeldung vom 29.05.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.05.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs rumort mächtig in der Union. Weil die SPD im Kampf um die Zukunft nur noch auf ihre ureigenen Inhalte schaut, sind immer weniger christdemokratische Abgeordnete bereit, den von Kanzlerin Merkel eingeforderten Koalitionskurs einzuhalten.
Sie verlangen CDU-Politik pur, selbst wenn das die Koalition gefährden würde. Merkel hat sich aber anders entschieden. Sie will Kurs halten, weil sie derzeit zum Bündnis mit der SPD keine Alternative sieht. Ein Bundespräsident Köhler wird ihr nicht den Gefallen tun, das Parlament aufzulösen, wenn er selbst zu Wahl steht. Zugleich weiß sie, dass sie gegen die SPD keine CDU-Programmatik durchsetzen kann. So logisch ihr Kurs scheint, ihre Autorität in den eigenen Reihen erodiert. Die Abgeordneten wissen nicht, was die Kanzlerin außer dem Machterhalt antreibt. Nur wenn sie glaubhaft vermittelt, dass sie das, wofür die Union steht, nicht aus den Augen verliert, kann sie die aufgebrachte Fraktion wieder besänftigen. Zu lange ging Merkel davon aus, dass ihre persönlich guten Werte und ihre erfolgreiche Außenpolitik die Union für den Stillstand in der Koalition kompensieren würde. Will sie ihre Partei in einen erfolgreichen Wahlkampf 2009 führen, ist mehr als gutes Koalitionsmanagement gefragt.
Quelle: Rheinische Post (von Martin Kessler)