IPO-Nagelprobe, Kommentar zum Versatel-Börsengang von Bernd Freytag
Archivmeldung vom 13.04.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlHohe Schulden, rote Zahlen und dann noch ein Finanzinvestor, der Kasse machen will - der Börsengang von Versatel hat eigentlich alle Bestandteile für ein solides Debakel. Tatsächlich gilt die Platzierung aus dem Portfolio von Apax nicht nur wegen ihres Volumens von rund 1 Mrd. Euro als Nagelprobe für den hiesigen Aktienprimärmarkt.
Seit Symrise (EQT) hat kein Private-Equity-Haus
mehr versucht, ein stark fremdfinanziertes Unternehmen in dieser
Größenordnung über die Börse zu verkaufen. Deshalb ist die Emission
vor allem ein Markttest für Finanzinvestoren - ein Test, ob die Börse
als Exitkanal für solcherart Beteiligungen noch immer funktioniert.
Die Chancen für einen Erfolg jedenfalls stehen trotz der vermeintlich schwachen Vorzeichen nicht schlecht. Von den rund 1 Mrd. Euro Emissionsvolumen fließt zwar nur die Hälfte dem Unternehmen zu - und auch dieses Geld wird zum Großteil dafür genommen, um den von Apax aufgebürdeten Schuldenberg abzutragen -, am Ende dieser "Rekapitalisierung" reduziert sich die Nettoschuldenlast von Versatel aber auf ein branchenübliches Niveau vom zweifachen Jahres-Ebitda. Damit sollten Neuinvestoren leben können.
Klugerweise - vielleicht auch weil Platzierungen dieser Art heute
gar nicht anders zu managen sind - haben sich Credit Suisse, JPMorgan
und Deutsche Bank mit dem Altaktionär auf eine entkoppelte
Preisfindung verständigt. Überzogene Preisforderungen sind daher
zunächst einmal ausgeschlossen. Da vor dem IPO zudem
Verkaufsverhandlungen mit strategischen Investoren offenkundig
gescheitert sind, haben die Neuinvestoren gute Karten, den Preis zu
drücken.
Die Story ist schlüssig, Unternehmenschef Peer Knauer hat mit Apax seit 2000 eine ganze Latte kleinerer Citycarrier zusammengekauft und verfügt heute nach der Deutschen Telekom und Arcor über das größte Leitungsnetz in Deutschland, und das auch noch in meist lukrativen Ballungszentren. Versatel ist vor allem eine Wette auf die Konsolidierung im Telekomgeschäft. Nachdem die Apax-Tochter zunächst auf direktem Weg nicht an den Mann gebracht werden konnte, wird sie nun via Parkett feilgeboten. Und bei einer Konsolidierung der Carrier ist Versatel für Telefónica und Telecom Italia schlicht "to big, to ignore". Das dürfte Investitionsanreiz genug sein. Wenn Apax nicht überzieht, sollte das Ding laufen.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung