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Empfehlen statt befehlen

Archivmeldung vom 17.04.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.04.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Vieles, was Aufseher als "Empfehlung" deklarieren, hat tatsächlich einen verbindlichen Charakter, wie die Finanzbranche gerade in den vergangenen Wochen erlebt hat. Daher wird die Fondsbranche hellhörig, wenn die deutsche Aufsicht BaFin nun die rasche Einführung der Instrumente zur Sicherung der Liquidität in Wertpapierpublikumsfonds empfiehlt.

Auf das Wohlwollen der Aufsicht sind die Fondshäuser angewiesen, gerade wenn sie an anderer Stelle in der Coronakrise auf eine Erleichterung hoffen. Auch wenn die Aussagen der Behörde rechtlich unverbindlich sind, wird sie die Branche ernst nehmen müssen.

Doch anders als Großbanken, die nach einer "Empfehlung" der EZB ihren Eignern die Gewinnausschüttung vorerst vorenthalten, bleibt Fondsgesellschaften Spielraum, wie sie den Ruf der Aufsicht deuten. Klar ist, dass die nun ermöglichten Puffer - Kündigungsfristen, Schwellenwerte im Fondsabsatz und dehnbare Preise für Fondsanteile - bald auch im Massengeschäft mit privaten Sparern bei Bedarf einsetzbar sein sollten. Etliche Akteure wie Vertriebspartner, Verwahrstellen und technische Dienstleister müssen sich also neben der Fondsbranche bewegen. Doch zugleich bleibt es im Ermessen der Fondsgesellschaft, wie sie die Instrumente einsetzt. Um Fonds gegen Marktunruhen wie in den vergangenen Wochen zu wappnen, werden mitunter zusätzliche Puffer hilfreich sein. Doch jeder Schutz hat Nebenwirkungen, in diesem Fall ein Eingriff in die Anlegerrechte.

Die Abwägung kann schwierig sein: Ein Fonds steht häufig vor dem Problem, dass Käufe und Verkäufe von Vermögenswerten Marktpreise zuungunsten der Anleger verändern. Aber erst wenn aus diesen oft kaum messbaren "Transaktionskosten" eine Blockade entsteht, kann der Einsatz der neuen Puffer gerechtfertigt sein. In der jüngsten Krise sind in einigen Fällen etwa Anleihefonds in Schweden oder Geldmarktfonds in den USA unter Druck geraten. Eine systemische Krise blieb aber aus. Der Vergleich mit Immobilienfonds, die in der Finanzkrise hierzulande reihenweise zusammenbrachen, weil Fonds die Rückgabewünsche der Anleger nicht bedienen konnten, führt leicht in die Irre: Wertpapiere sind in der Regel auch in einer Marktkrise leichter veräußerbar als Gebilde aus Beton und Glas. Weitreichende Mindesthalte- und Kündigungsfristen, wie sie aus gutem Grund verpflichtend für offene Immobilienfonds eingeführt worden sind, gibt es im Wertpapiersegment zu Recht nicht. Die BaFin sollte deutlich machen, dass ihr Rat den Charakter einer Empfehlung hat und nicht eines Befehls.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Jan Schrader

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