Lausitzer Rundschau: Zu Nahost-Mission/Deutschland: Eine Verpflichtung
Archivmeldung vom 26.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer wievielte Schritt wird es eventuell sein? Der dritte, der vierte, oder der fünfte? Selbst erfahrene Diplomaten können derzeit nicht einschätzen, ob - und wenn ja, wann - es tatsächlich zu einer UN-Friedensmission im Nahen Osten kommen wird; unter welchen Bedingungen überhaupt internationale Soldaten im Libanon eingesetzt werden können.
Die Krisendiplomatie läuft zwar endlich auf
Hochtouren, aber ein tragfähiger Friedensplan ist in weiter Ferne.
Insofern gilt: Nicht heute, nicht morgen wird es darum gehen,
deutsche Soldaten an die Grenze zu Israel zu entsenden. Auch wenn die
aufgeregte Debatte darüber etwas anderes suggeriert.
Dabei wäre es eigentlich nur klug, wenn man sich diesem sensiblen
Thema in aller Vorsicht nähert. Das haben Bundeskanzleramt und
Außenministerium vernünftigerweise bislang beherzigt. Anders übrigens
als Verteidigungsminister Jung. Sein Vorpreschen mit einem "Ja" zur
Beteiligung an einer möglichen UN-Mission hat der deutschen Politik
Spielräume genommen. Dabei müsste Jung wissen: Militärisch lässt sich
die Krisenregion auch nicht von außen befrieden, sondern nur
beruhigen. Für den Frieden ist die Politik zuständig. Und
Vorfestlegungen sind diesbezüglich erst einmal alles andere als
hilfreich.
Aber nun gut, irgendwann müssen die Deutschen sich vermutlich
tatsächlich erklären, ob sie bereit sind, im Nahen Osten militärisch
einen Beitrag zu leisten. Dann kann die Politik beweisen, dass sie
noch in der Lage ist, in historischen und grundsätzlichen Kategorien
zu denken - anstatt nur in tagespolitischen Aufgeregtheiten. Denn bei
diesem Einsatz wird sich eine weitaus schwierigere Frage stellen als
bei all den anderen Auslandseinsätzen der Bundeswehr bisher, bei
denen vor allem die Belastbarkeit der Truppe beleuchtet wurde. Hat
Deutschland eine historische Verpflichtung gegenüber Israel, nicht
außen vor zu bleiben? Oder ist es gerade die deutsche Vergangenheit,
die es verbietet, die Grenzen Israels und des Libanons womöglich auch
mit Waffengewalt sichern zu helfen? Wenn eine UN-Friedensmission
Wirklichkeit werden sollte, werden sich die Emotionen in beiden
Ländern darüber noch heftig bewegen.
Wie müsste die Antwort ausfallen? In Israel wie im arabischen Raum
besteht kein Zweifel an der friedlichen Rolle Deutschlands in der
Welt und insbesondere am Bemühen um eine friedliche Lösung des
Nahost-Konfliktes. Außenminister Steinmeier war einer der Ersten, der
nach der Eskalation die Reisediplomatie in Gang setzte. Auch seinem
Vorgänger Joschka Fischer war die Lage im Nahen Osten eine
Herzensangelegenheit. Die deutsche Politik insgesamt hat stets das
Existenzrecht Israels in sicheren Grenzen bejaht und politisch
verteidigt. Genau daraus leitet sich die Antwort ab: Wenn es nun
mittelfristig darum gehen sollte, eine Friedensordnung in diesem seit
Jahrzehnten schwelenden Konflikt militärisch abzusichern, kann
Deutschland nicht abseits stehen. Gerade wegen der historischen
Verantwortung wäre eine deutsche Beteiligung an einer UN-Mission also
dringend notwendig.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau