Kölnische Rundschau: zu Ulla Schmidt/Dienstwagen
Archivmeldung vom 10.08.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittUnter Gerhard Schröder wäre es anders gekommen. Der SPD-Kanzlerkandidat von 1998 und Amtsinhaber 2002 hätte Ministerin Ulla Schmidt wegen der Dienstwagenaffäre mit großer Sicherheit im Wahlkampf aus dem Verkehr gezogen - allein um seine Durchsetzungskraft und den unbedingten Willen zur Macht gar nicht erst durch wachsweiche verbale Zugeständnisse in Zweifel ziehen zu lassen.
Unter Frank-Walter Steinmeier kommt es wie es kommen muss: Der Herausforderer der SPD beruft sich juristisch korrekt auf die Unbedenklichkeitsprüfung des Bundesrechnungshofes und Schmidt entgegen aller Bedenken in den eigenen Reihen in sein Schattenkabinett. Für ihn ist das ein Gebot der Fairness, zumindest nach außen. Affäre? Von wegen, soll das heißen, das war nie eine, nachdem sich herausgestellt habe, dass sie Privatfahrten ordnungsgemäß abgerechnet hat. Schmidt muss im Wahlkampf nun doppelt gut und kompetent auftreten, um die Auseinandersetzung mit ihr zu einer Diskussion über den besten Kurs in der Gesundheitspolitik zu versachlichen. Diese Lektion hat sie begriffen, und in ihr liegt die letzte Chance der Ministerin. Sofern nicht noch neue Vorwürfe laut werden, hat sie tatsächlich steuerlich als entlastet zu gelten - so undiplomatisch ihr anfänglicher Rechtfertigungsversuch ("Das steht mir zu") auch war. Und es ist ja noch kein endgültiger Schlussstrich, schließlich muss sich die Ministerin noch dem Haushaltsausschuss stellen. Insofern hat sich Steinmeier mit einer Hypothek beladen. Unentschlossene wird er mit Schmidts Nominierung kaum gewinnen - allenfalls solche, die durchschauen, wie genüsslich die Opposition die Aufklärung aller Urlaubsfahrten hinauszögerte, um den Verdacht möglichst lang im Raum stehen zu lassen. Der Vizekanzler hat ein Wahlkampf-Team, einen differenzierten Deutschland-Plan - und eine Politik für Vollbeschäftigung binnen zehn Jahren angekündigt. Damit begnügt sich Steinmeier, um Machtwillen zu zeigen. Unter Schröder hätte das nicht gereicht.
Quelle: Kölnische Rundschau