WAZ: Rohrkrepierer
Archivmeldung vom 23.02.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKarl-Theodor zu Guttenberg wollte einen Befreiungsschlag. Es ist ein Rohrkrepierer geworden. Der Freiherr, der kein Doktor mehr sein will, weil er nach eigener Anschauung die Doktorwürde nicht (mehr) verdient, verheddert sich immer tiefer in der Schummel-Affäre.
Um seine wichtigste Schutzmacht - die Popularität in der Bevölkerung - nicht zu verlieren und um die Union in den Zwang zu setzen, zähneknirschend eine Wagenburg um ihren Hoffnungsträger zu zimmern, hat er die Reißleine gezogen. Noch vor einer Woche empfand er den Vorwurf, er sei ein wissenschaftlicher Hallodri als "abstrus". Abstrus ist etwas anderes: sein Erklärungsversuch für das akademische Fehlverhalten. Er will beim Doktorarbeiten die Übersicht verloren haben, darum die fehlende Trennung von eigenen und fremden Gedanken. Sollte das stimmen, müsste ihn die Kanzlerin noch heute abberufen. Ein Verteidigungsminister darf menschliche Unzulänglichkeiten besitzen. Aber nicht die Schwäche, unter Druck den Blick für das Wesentliche zu verlieren und dann mit Kurzschluss-Entscheidungen aufzuwarten - siehe Kundus-Affäre, siehe Gorch Fock. Es könnte für andere tödlich enden.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung