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Westfalen-Blatt: Rücktritt von Franz Josef Jung

Archivmeldung vom 28.11.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.11.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte ihren loyalen Arbeitsminister am Ende nicht mehr retten. Vieles spricht sogar dafür, dass sie den ehemaligen Verteidigungsminister gebeten hat, das Handtuch zu werfen, bevor sie es für ihn tun muss. Franz Josef Jung hat die richtigen und überfälligen Konsequenzen aus der Tanklaster-Affäre gezogen. Als Minister - in welchem Amt auch immer - war er nicht mehr zu halten.

Zu gravierend sind die Vorwürfe gegen ihn, zu groß die peinlichen Informationspannen im Bundesverteidigungsministerium. Ein Bundesminister, der entweder öffentlich lügt (»ich habe die Öffentlichkeit korrekt über meinen Kenntnisstand informiert«) oder aber sein Haus nicht im Griff hat (»niemand hat mich informiert«), ist auf einem der wichtigsten Posten des Landes nicht mehr zu verantworten. Dennoch verdient sein Rücktritt Respekt. Dass ihm der Schritt nicht leicht gefallen ist, hat man ihm in seiner 120 Sekunden dauernden Rücktrittsrede deutlich angemerkt. Gut, dass Karl Theodor zu Guttenberg ein Bundespolitiker ist, der sein Handwerk versteht. Er ist genau der Minister, dem man das Versprechen einer »lückenlosen Aufklärung« auch abnimmt. Denn auch nach Jungs Rückzug ist die Tanklaster-Affäre noch längst nicht aufgearbeitet. Das Informationsdesaster bleibt. Somit muss in den Fall Kundus schnellstens Klarheit - wenn nötig auch mit Hilfe eines Untersuchungsausschusses. Die Union sollte daran ein Interesse haben, selbst wenn die Opposition daraus politisches Kapital schlagen will. Angela Merkel hat am Freitag schnell gehandelt. Während die Opposition bereits den Jung-Rücktritt feierte und Merkel schlechtes Krisenmanagement vorwarf, drehte sie den Spieß um und holte zum klugen Konter aus. Die Bundeskanzlerin hat mit ihrer Kabinettsumbildung und den Personalentscheidungen mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ursula von der Leyen ist eine sichere Bank. Auch als Arbeitsministerin wird sie eine starke Rolle in der schwarz-gelben Regierung spielen. Der eigentliche geniale Schachzug ist aber die Verpflichtung einer jungen Frau, die keiner auf dem Zettel hatte. Dr. Kristina Köhler, 32 Jahre alt, hessische Bundestagsabgeordnete, gilt als großes Talent in der CDU. Sie ist jung, gebildet und könnte mit neuen Ideen und einem unverbrauchten Blick die Familienpolitik bereichern. Ob die ledige Frau ohne Kinder, die in politischen Kreisen als »Kohls Mädchen II« gilt, Familienministerin Ursula von der Leyen jedoch ersetzen kann, bleibt abzuwarten. Wenn Merkels Trumpf Köhler sticht, ist sie die große Gewinnerin. Wenn nicht, ist der holprige Start der schwarz-gelben Regierung endgültig komplett.

Quelle: Westfalen-Blatt

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