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Rheinische Post: Fanta wächst nicht

Archivmeldung vom 13.05.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.05.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Es gibt keine Maikäfer mehr", hat Reinhard Mey gesungen. Das muss in den Siebzigern gewesen sein. Es stimmte schon damals nicht. Aber es klang schön traurig. So wurde sein Lied gern gehört.

Jetzt könnte der Mann ein noch traurigeres Lied singen: Es gibt keine Maikäferfänger mehr. Jedenfalls kaum noch welche. Ein Drittel aller Schüler zwischen zwölf und 15 Jahren hatte noch nie einen Käfer in der Hand, auch keinen Schmetterling. Natur wird nicht mehr erfahren. Sie dient bloß als Erlebnis-Kulisse: für Sport, für Partys im Grünen. Aber was heißt schon "im Grünen"? Wer denkt noch an Chlorophyll? An Fotosynthese? An die Farbe des Lebens? Auch das Wissen über Natur geht rapide zurück. Kein Scherz: Es gibt Schüler, die zu Orangen Fanta sagen oder sich irritiert erkundigen, warum man so selten lila Kühe sieht. Das sind die Bizarrerien eines Daueraufenthalts in geschlossenen Räumen, deren Fenster Windows XP heißen. Von Lebendigem entfremdet, von Technik umstellt, wachsen viele Kinder heute zu Bewohnern der Electronic City heran, zu Bit&Byte-Bürgern. Zu Kandidaten des Unglücks reifen sie, weil niemand ihnen sagt, dass Natur an Körper und Seele gut tut. Bei Pisa geht's leider bloß um Biologie.

Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post

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