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Mittelbayerische Zeitung zu Guttenberg

Archivmeldung vom 19.02.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.02.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Dass der zurzeit Doktortitel-ledige Bundesverteidigungsminister die Berliner Journalisten düpierte und seine Erklärung feige vor auserwählten Mikrofonen von sich gab: geschenkt. Zumindest diesen Schnitzer seiner Öffentlichkeitsarbeit versuchte er mit einer verspäteten Pressekonferenz zu beheben.

Wer dermaßen unter Feuer steht, kann leicht gute Umgangsformen aus den Augen verlieren. Doch dass der adelige Minister nur mit einer dürren Entschuldigung an die Öffentlichkeit trat und die offenkundige Schummelei in seiner Doktorarbeit als lässliche Sünde abtat, die bei einem überarbeiteten Juristen, gestressten Abgeordneten und geplagten Familienvater schon mal vorkommen könne, macht die unappetitliche Sache nur noch schlimmer. Dem sonst so auf moralische Werte, auf Wahrheit, Aufrichtigkeit, Ehre und Anstand pochenden "KT" zu Guttenberg fehlte gestern vor allem eines: Demut. Mit der Attitüde des zu unrecht Beschuldigten wischte der blaublütige Oberfranke die massiven Vorwürfe gegen seine Doktorarbeit vom Tisch. Die von ihm verfasste Dissertation sei kein Plagiat, verlas der sonst so redegewandte Minister. Es fehlte eigentlich nur noch der Satz "Ich gebe ihnen mein Ehrenwort". Zu Guttenberg versuchte mit seiner merkwürdigen Selbstverteidigungs-Taktik, den Spieß umzudrehen. Er haben bestenfalls ein paar kleine Fehler gemacht. Der große und gemeine Plagiats-Vorwurf jedoch komme von den Anderen, den Gegnern, die dem beliebtesten deutschen Politiker ans Leder wollen. Zugleich versuchte zu Guttenberg, sich gewissermaßen zu teilen: Hier der mäßig reuige Träger eines Doktorhutes, den er großmütig nicht mehr aufsetzen will. Vorläufig. Dort der pflichtbewusste politisch Verantwortliche der Bundeswehr. Da ein kleiner Sünder im weiten Feld der Wissenschaft, aber dort der erfolgreiche Reformer einer verstaubten Armee. Zu Guttenberg ist offenbar nicht klar, dass solcherart Trennung nicht funktionieren kann. Ein Politiker, der in seiner wissenschaftlichen Arbeit im Nachhinein beim Schummeln erwischt wird, ist kein glaubwürdiger Minister mehr. Als "Mr. Googleberg" ist er bereits zum Gespött der Internet-Gemeinde geworden, nun droht der CSU-Hoffnungsträger an seinen eigenen moralischen Maßstäben zu scheitern. Dass die Kanzlerin und die übrigen Unions-Granden jedoch im "vollsten Vertrauen" hinter dem Nicht-mehr-Doktor stehen, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Solange Merkel den Verteidigungsminister nicht rauswirft, bleibt es vor allem das Problem des Ministers. Schickte sie ihn die Wüste, wäre es sofort nur noch ihr Problem. Sie müsste nicht nur einen Nachfolger suchen, sondern sich auch des Vorwurfs erwehren, sie habe einen Kronprinzen gemeuchelt. Ganz ähnlich ist die Situation in der CSU, wo Förderer Horst Seehofer unbeirrt zu seinem Minister steht. Man lässt einen in ganz Deutschland überaus beliebten Politiker nicht so einfach fallen. Auf der anderen Seite kommt manchem in der Union ein etwas gestutzter Überflieger gar nicht so ungelegen. Hinter dem Pulverdampf um Guttenbergs Doktorarbeit sollte sich der Minister vor allem um sein Amt kümmern. Die Nachricht von zwei getöteten Bundeswehrsoldaten in Afghanistan ging hinter der politischen Aufregung um eine Doktorarbeit nahezu unter. Und das ist nun wirklich beschämend.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung

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