Allg. Zeitung Mainz: Nicht überhören
Archivmeldung vom 27.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWer nicht in Regierungsverantwortung steht, hat gut reden. Guido Westerwelle nutzt das weidlich aus, wohlwissend, wäre er in Amt und Würden, müsste er ganz anders sprechen und handeln. Trotzdem sollte man seine Forderungen nicht mit Spott und Häme begleiten, denn der FDP-Chef spricht den meisten Menschen aus dem Herzen angesichts der galoppierenden Preise bei Gas, Heizöl, Benzin und Diesel.
Dass nicht der Staat die aktuelle Preisspirale in Gang gesetzt hat, sondern sie das Resultat weltweiter Spekulationen ist, tröstet niemanden beim Blick in den Geldbeutel. Dieser globalen Preistreiberei können die meisten Bürger nämlich kaum entgehen und deshalb ist der Ruf nach Entlastung durch den Staat so attraktiv. Hinzu kommt, dass der es sich - derzeit zumindest - leisten könnte, angesichts der nahezu überschäumenden Steuereinnahmen. Dehnt man die Diskussion auch noch auf die vielen Ungereimtheiten aus, die sich bei der Betrachtung der Mehrwertsteuererhebung auftun, dürfte Westerwelle noch weit mehr Applaus ernten. Dass Hundefutter mit nur sieben, Medikamente und Energie aber mit 19 Prozent besteuert werden, verstehen selbst Fachleute nicht. Guido Westerwelles Forderung nach Senkung der Mehrwertsteuer wird zwar nicht erfolgreich sein, aber der Stein ist im Teich und verursacht ähnliche Wellen wie der Vorstoß der CSU zur Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale. Die Politprofis wittern angesichts der traurigen Tatsache, dass der Aufschwung bei den Menschen nicht ankommt, ihre Chance. Auch wenn viel Eigennutz dabei ist, sie sind auf der richtigen Spur. Die Große Koalition sollte das trotz ihres löblichen Bemühens um Haushaltskonsolidierung nicht auf Dauer blockieren, sonst werden Wahl-Katastrophen wie unlängst in Hessen zum Alltag in dieser Republik.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz