Börsen-Zeitung: Die große Preisfrage
Archivmeldung vom 22.10.2019
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Freigeschaltet durch André OttHoch gepokert und verloren - das ist das Ergebnis für den Schweizer Mobilfunkanbieter Sunrise und seinen Deal-Partner Liberty Global im Ringen um die UPC-Transaktion. Sunrise verliert mehr als ihr Gesicht, nämlich 50 Mill. sfr, die als Vertragsstrafe fällig werden, wenn die Übernahme formal abgeblasen wird. Dies ist wohl nur eine Frage kurzer Zeit, nachdem Sunrise-Chef Olaf Swantee den Deal für "tot" erklärt hat.
Damit halten sich allerdings die Verluste in Grenzen, denn das solide laufende Kerngeschäft wird nicht unmittelbar darunter leiden, dass eine - teuer erkaufte - strategische Neuaufstellung als vollintegriertes Telekomunternehmen mit Mobilfunk- und Festnetzinfrastruktur zunächst unterbleibt.
Für Liberty ist die Perspektive indes weit unerfreulicher. Denn UPC war schon bisher im Alleingang mäßig erfolgreich, im Gegensatz zu Sunrise. Die jüngsten operativen Verbesserungen waren auch nicht ausreichend, um aus der kleinen Kabelgesellschaft mit rund 1 Million Kunden ein Objekt der Begierde zu machen. Jedenfalls hat der einzig naheliegende alternative Käufer, die zum Imperium des Franzosen Xavier Niel gehörende Salt, bisher kein erkennbares Interesse gezeigt.
Niel schickt sich überdies gerade an, mit seiner mehrheitlich kontrollierten Beteiligung Eir den irischen Mobilfunkmarkt mit einer Tiefpreisoffensive zu überziehen, wie er es zuvor in Italien und Frankreich gemacht hatte. Für diese Feldzüge nimmt der umtriebige Unternehmer stets viel Geld in die Hand. Damit ist einmal mehr unwahrscheinlich, dass er gleichzeitig geneigt ist, Milliarden in der Schweiz auszugeben.
Ein dritter potenzieller Käufer für UPC ist nicht ohne Weiteres in Sicht. Und wer kein Geschäft in der Schweiz hat und UPC daher nicht im Zuge einer Konvergenz-Strategie von Mobilfunk und Festnetz erwerben könnte, würde den Preis mit Sicherheit deutlich niedriger ansetzen. Nahezu alle Kabeltransaktionen jüngeren Datums waren von dieser Logik getrieben, die zu entsprechend lukrativen Bewertungsmaßstäben führten.
Sollten die Alternativen für Liberty zu unattraktiv sein, ist daher nicht auszuschließen, dass der Kabelriese und Sunrise nach einer Schamfrist doch noch einen neuen Anlauf zum Schulterschluss machen. Wie der Großaktionär Freenet, der zuvor eigentlich selbst einen Verkauf der Schweizer Beteiligung geplant hatte, dabei geschickter eingebunden werden kann, sollte für alle Beteiligten letztlich doch nur eine große Preisfrage sein.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Heidi Rohde