Westdeutsche Zeitung: Rüttgers/Arbeitslosengeld
Archivmeldung vom 01.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHerzlichen Glückwunsch, Herr Ministerpräsident! Noch vor wenigen Tagen als Robin Rüttgers verspottet, sind Sie nun auf dem besten Weg, Ihrer Partei einen neuen sozialpolitischen Kurs zu verordnen.
Und was sagt diejenige, die eigentlich fürs Verordnen zuständig
sein sollte? Die lässt Rüttgers' Forderung wider besseres Wissen von
ihrem Generalsekretär abnicken. Die Bundeskanzlerin ist froh, dass
der sozialpolitische Sprengsatz, den Rüttgers für den CDU-Parteitag
im November gebastelt hatte, entschärft ist. Doch richtig glücklich
kann Angela Merkel damit nicht sein, denn Rüttgers' Coup entlarvt
sowohl das inhaltliche Vakuum der Union als auch ihre eigene
Führungsschwäche. Längst ist Merkel zur Geisel der
CDU-Ministerpräsidenten geworden. Die hatten sich schon bei der
Gesundheitsreform dreist eingemischt und das Kernstück des Projekts
so lange torpediert, bis das zentrale Vorhaben des Jahres vermurkst
war. Und jetzt steht auch noch die Arbeitsmarktreform vor einer
"Rolle Rüttgers". Der CDU-Vize fällt mit seinen Forderungen nicht nur
weit hinter Schröders Reformagenda zurück, die darauf zielt, Menschen
so schnell wie möglich wieder in Arbeit zu bringen. Er führt auch die
marktliberalen Reform-Visionen ad absurdum, mit denen Merkel 2003 auf
dem Leipziger Parteitag angetreten war, die aber niemals im Einklang
mit der Parteiseele standen.
Und dann ist da noch der Koalitionspartner SPD, der den aktuellen Kurswechsel für Unfug hält. Vizekanzler Müntefering, in dessen Zuständigkeitbereich die Arbeitsmarktpolitik fällt, spricht den Teil der Wahrheit aus, den Rüttgers verschweigt: Wenn die Älteren länger Arbeitslosengeld beziehen, dann muss entweder bei den jüngeren Erwerbslosen gekürzt werden. Oder aber der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung muss steigen.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung