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Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zu den Vorwahlen in den USA

Archivmeldung vom 10.01.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.01.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

So einfach ist das. Tochter Chelsea noch näher an ihre Seite gerückt, ein paar Tränen im rechten Moment und Herausforderer Barack Obama permanent mit der Fakten-Fragen genervt: Der Sieg der Hillary Clinton beim zweiten Vorwahltermin für das höchste Amt in den USA wird als eine politstrategische Meisterleistung gefeiert.

Viele jenseits des großen Teichs tun bereits so, als ob die Clinton-Dynastie am 4. November den Präsidentitel zum dritten Mal gewinnen würde. Dabei wird übersehen, dass eben diese Strategen 24 Stunden vorher noch ganz andere Umfragen einem Glaubensbekenntnis gleich vor sich hertrugen. Nur gut, dass niemand um den Wähler herumkommt. Bei den Vorwahlen in New Hampshire holte die 60-jährige Senatorin mit 39 Prozent gerade einmal zwei Punkte mehr als ihr schärfster Rivale Obama. Und John Edwards ist mit 17 von hundert Stimmen im übrigen auch noch nicht aus dem Rennen. Allerdings wird sich das Feld der Bewerber sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern noch in diesem Monat deutlich lichten. Nicht mehr und nicht weniger. Amerika liebt und wählt Siegertypen. Nirgends findet die antike Erfolgsformel von Brot und Spielen eine nahtlosere Fortsetzung als in der Neuen Welt. Das spricht nicht gegen das für Europäer ungewöhnliche Wahlsystem, stellt nicht einmal den Demokratiebegriff infrage. Niemand muss den besten Staatsschauspieler wählen, jeder darf andere Kandidaten ankreuzen. Aber nirgends ist auch Kampagnenfähigkeit ein so wesentlicher Schlüssel für den Wahlerfolg wie in den USA. Deshalb ist Clintons Wechsel vom altmodischen Wahlkampfroboter zur jugendorientierten, emotionalen Hillary 2.0 nun doch wieder wichtig. Nach ihrem Debakel in Iowa erfand sie sich in nur fünf Tagen völlig neu - und zwar auf Kosten des allseits bewunderten Obama. »Wo sind seine Inhalte?«, fragte sie zwischen Iowa und New Hampshire hundertfach - und alle glaubten, sie hätte sich bislang nicht damit befasst. Niemand - aus beiden großen Lagern - beherrscht das elegante Spiel aus scheinbar knallharten Daten und großen Gefühlen so perfekt. »As a matter of fact...« lautet die meistgebrauchte Eröffnung, mit der die frühere First Lady unkürzbare Satzkaskaden loslässt. Am Ende steht, so sicher wie Abraham Lincoln über der Washington-Mall thront, immer etwas, das wie die Nationalhymne oder »God bless America« klingt. Und bei den Republikanern? Dort ist das Rennen noch offener. »Mac is back« klingt gut, muss sich aber erst noch erweisen. Immerhin macht der Befürworter des Irak-Einsatzes deutlicher als jede Analyse, wie US-Bürger über den Krieg gegen den Terror denken. Klarer als europäische Politiker honorieren sie die durchaus verbesserte Sicherheitslage rund um Bagdad. So bombensicher ist der Sieg der Demokraten am 4. November also auch noch nicht.

Quelle: Westfalen-Blatt

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