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Börsen-Zeitung: Hoffen auf das zweite Halbjahr

Archivmeldung vom 08.03.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Furcht vor der Finanzkrise und die Sorge um die Verfassung der US-Wirtschaft lähmen die globalen Märkte. Greifbar wird dies dieser Tage - einmal mehr - beim Blick auf die Entwicklung des Aktienemissionsgeschäfts. An den Equity Capital Markets brach das Volumen im Februar bei weltweit lediglich 120 Transaktionen auf 16,7 Mrd. Dollar ein; das war das niedrigste Niveau seit mehr als fünf Jahren.

2008 geht somit als das erste Börsenjahr seit 1992 in die Geschichte ein, in dem die Emissionstätigkeit im Februar tiefer lag als im Januar.

Veranlasst von der ausgeprägten Unsicherheit der Investoren verzichteten seit Jahresanfang bereits 61 Unternehmen auf den geplanten Börsengang. Das Volumen dieser Transaktionen summiert sich auf 21,4 Mrd. Dollar. Und es gibt gute Gründe dafür anzunehmen, dass in den kommenden Monaten weiterhin eine Vielzahl der Unternehmen vor dem Schritt auf das Parkett zurückschrecken wird - und zwar solange, wie "Verunsicherung" und "Risikoscheu" die am häufigsten benutzten Vokabeln bleiben, wenn Akteure die Stimmung unter den Anlegern an den Aktienmärkten beschreiben. Diese Stimmungslage ist Ausdruck der fehlenden Transparenz, die weiterhin vor allem im Finanzsektor zu beklagen ist. [Z-ZEILE]Hinzu kommen die latenten Rezessionssorgen in den Vereinigten Staaten, die immerfort von enttäuschenden Konjunkturdaten befeuert werden und die Akteure damit zum Rückzug animieren sowie - nicht zuletzt - die Wachstumsprognosen für die europäische Wirtschaft und die Gewinne der Unternehmen in Frage stellen

Wen wundert es also, dass in Deutschland mit Evonik und Talanx schon zwei potenzielle Schwergewichte klar zum Ausdruck gebracht haben: kein Börsengang in diesem Umfeld! Angesichts der starken Schwankungen und der unklaren Perspektiven an den Märkten ist gewiss, dass Unternehmen zurzeit ihre Vorstellungen bei einer Emission ganz sicher nicht durchsetzen könnten. Wenn sie überhaupt ausreichendes Interesse fänden, müssten sie ihre Preisvorstellungen so kräftig reduzieren, dass vom dem angestrebten Erlös letztlich nur ein kleiner Teil übrig bliebe. Folglich müssten einige Expansionspläne zunächst zurückgestellt oder sogar fallen gelassen werden. Gleichwohl gewährten hohe Abschläge beim Ausgabepreis keinen Schutz gegen anschließende Kursverluste. Bei sinkenden Notierungen liefen die Börsenneulinge aber Gefahr, ihre Anteilseigner zu verprellen. Dadurch entstünde ein hoher Vertrauensverlust, mit dem die Unternehmen danach lange Zeit zu kämpfen hätten.

Ist nun zu befürchten, dass man das Emissionsgeschäft bereits für das gesamte Jahr 2008 abhaken kann? Natürlich nicht. Viele institutionelle Anleger senkten in den zurückliegenden Wochen ihr Engagement in risikoreichen Assetklassen und gewichteten die Cash-Position in ihren Portfolios deutlich über. Liquidität ist somit mehr als ausreichend vorhanden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Anleger im Laufe des Jahres zunehmend dazu bereit sein werden, dieses Geld zu investieren - vorausgesetzt, die Transparenz im Finanzsektor steigt endlich an und die US-Wirtschaft kann mit Hilfe der Zinssenkungen der Federal Reserve das Abgleiten in eine schwere Rezession vermeiden. Viele Analysten erwarten beides für das zweite Halbjahr.

Sobald sich das Fenster für Börsengänge öffnet, werden allerdings viele Unternehmen gleichzeitig um die Gunst der institutionellen Investoren werben. Dabei werden diejenigen mit einer höheren Marktkapitalisierung sowie etablierten, Wachstum versprechenden Geschäftsmodellen Vorteile für sich reklamieren können. Sie profitieren schon allein dadurch, dass sie für einen liquiden Börsenhandel stehen, der Anlegern die Chance gibt, auf unerwartete Marktschwankungen umgehend zu reagieren. Sie besitzen zudem das Potenzial, sich mit einer aufwärts gerichteten Gewinnentwicklung positiv aus der Masse hervorzuheben.

Schwieriger wird es hingegen für kleinere Unternehmen bleiben, wie auch für Gesellschaften aus Branchen, in denen eine ganze Reihe von Konkurrenten an die Börse streben. Für diese Unternehmen kommt es auf ein besonders gutes Timing beim Börsengang an.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Thorsten Kramer)

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