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Keine Wunderdinge

Archivmeldung vom 11.12.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.12.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Ganze 7 Minuten und 48 Sekunden - handgestoppt - hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde gestern gebraucht, um die einzelnen Maßnahmen des neuerlichen Lockerungspakets der Europäischen Zentralbank (EZB) gegen die Coronakrise aufzulisten. Allein das zeigt: Die EZB hat noch einmal ganz tief in ihren Instrumentenkasten gegriffen. Die neuerliche Zuspitzung der Pandemie ließ ihr tatsächlich kaum eine andere Wahl, als nachzulegen. Von den vorweihnachtlichen Geschenken sollte aber niemand (konjunkturelle) Wunderdinge erwarten.

Auch die EZB-Granden wissen sehr wohl, dass sie längst an die Grenzen des geldpolitisch Machbaren stoßen. Wichtiger als noch länger rekordniedrige Zinsen sind jetzt schlüssige und dann auch konsequent umgesetzte Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Wichtiger als noch mehr Geldspritzen sind jetzt schnelle Zulassungen von Impfstoffen und die rasche Verteilung. Wichtiger als noch größere Anleihekaufvolumina ist jetzt eine Einigung der EU-Staaten auf den Corona-Wiederaufbaufonds. Beim EU-Gipfel braucht es da endlich den Durchbruch.

Die Euro-Hüter verfahren nach dem Motto: An uns soll die (wirtschaftliche) Erholung nicht scheitern. Es geht ihnen dabei nicht darum, in Draghi'scher Manier eine neue "Bazooka" zu zünden und den geldpolitischen Stimulus zu erhöhen. Ziel ist es vielmehr, die aktuelle Unterstützung zu verlängern und die günstigen Finanzierungsbedingungen festzuschreiben. Positiv an den gestrigen Beschlüssen ist, dass anders als unter Ex-EZB-Präsident Mario Draghi nicht versucht wurde, auf Teufel komm raus die Markterwartungen noch zu übertreffen - etwa was die zusätzlichen 500 Mrd. Euro für das Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP betrifft. Bei der Verlängerung von PEPP hätte es indes wohl auch erst einmal das Jahresende 2021 statt März 2022 getan.

Der EZB-Rat strebt offenkundig danach, sich größtmögliche Flexibilität zu bewahren. Das ist richtig in einer Krise wie der aktuellen. Flexibilität darf aber nicht in Willkür enden. Wenn die akute Krise überwunden ist, muss beispielsweise PEPP enden. Tatsächlich kann sich die Wirtschaft mit weiter positiven Entwicklungen bei den Impfstoffen 2021 womöglich sogar rascher und stärker erholen, als derzeit viele erwarten. Dass die EZB unter Lagarde - auch das in Abkehr von Draghi - zumindest die Möglichkeit andeutet, die neuen Maßnahmen nicht ganz auszuschöpfen, wenn es auch weniger tut, ist da ein wichtiges Signal - an die Märkte und die Politik: Geldpolitik ist keine Einbahnstraße in Richtung immer mehr Lockerung.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Mark Schrörs

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