Immer mehr grüne Staaten
Archivmeldung vom 13.03.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Club der Emittenten grüner Staatsanleihen ist seit ein paar Tagen um ein Mitglied reicher: Italien. Das Land stellte bei seinem Debüt mit der grünen Staatsanleihe gleich drei Meilensteine auf. Zum einen war der Green Bond aus Rom mit 8,5 Mrd. Euro in puncto Volumen die größte Green-Bond-Emission eines Staates, die bislang an den Markt gekommen ist. Zum Vergleich: Deutschland hatte beim Debüt mit der zehnjährigen grünen Bundesanleihe im September 2020 ein Volumen von 6,5 Mrd. Euro.
Zum anderen wurde ein Meilenstein in Sachen Investorennachfrage gesetzt: Mehr als 80 Mrd. Euro legten die Anleger an Zeichnungswünschen in die Orderbücher. Beim Bund waren es mehr als 33 Mrd. Euro. Und der dritte Meilenstein: Italien ist das erste Land aus der südlichen Eurozonenperipherie, das mit einem Green Bond auf Zentralstaatsebene aufwartete. Green Bonds aus der Peripherie der Eurozone gibt es bekanntlich schon: Die Grüne Insel hat grüne Bonds im Angebot.
Grüne Anleihen, mit denen Klima- und Umweltprojekte finanziert werden, liegen im Trend - nicht nur auch, sondern gerade in der Krise. Das betrifft aber nicht nur Staaten oder staatsnahe Adressen, sondern auch Banken und Unternehmen. So rechnet die Ratingagentur Moody's damit, dass gerade Finanzinstitute und Förderinstitutionen in diesem Jahr verstärkt auf Green-Bond-Emissionen setzen werden. Bei den Staaten werden am Markt in diesem Jahr einige neue Adressen erwartet. In der Vorbereitung befinden sich derzeit die Briten. Die erste grüne britische Staatsanleihe (Green Gilt) soll im Sommer das Licht der Welt erblicken. Es soll aber auch noch einen zweiten Green Gilt geben. Das Emissionsdatum hierfür ist aber noch offen. Die britischen Schuldenmanager haben angekündigt, dass sie eine grüne Kurve aufbauen wollen - ähnlich wie der Bund. Insgesamt will das britische Debt Management Office (DMO) in diesem Jahr grüne Staatsanleihen für 15 Mrd. Pfund am Markt unterbringen.
Im Bondhandel ist man gespannt, wer noch alles 2021 in den Club der grünen Staatsanleiheemittenten eintreten wird. Italien hat in Südeuropa nun die Tür aufgemacht und das Erstlingswerk auch recht zügig in der Vorbereitung abgeschlossen. Das könnte in Südeuropa weitere Emittenten ermuntern, in die Fußstapfen der Italiener zu treten. Durchaus denkbar, dass die Spanier, die jüngst ja auch auf den Zug mit den ultralangen Staatsanleihen aufgesprungen sind, ebenfalls bald mit ihrem ersten grünen Titel an den Markt kommen. Portugal wäre sicherlich auch ein Kandidat. Ob Griechenland ebenfalls diesen Schritt gehen wird, ist eher etwas fraglich. Das Land zählt nicht unbedingt zu den häufigen Emittenten am Markt für konventionelle Anleihen. Vermutlich wird Athen erst dann Investoren mit einer grünen Staatsanleihe besuchen, wenn man am herkömmlichen Bondmarkt wieder einen nachhaltig gefestigten Auftritt etabliert hat.
Auf jeden Fall wird die Entwicklung sehr spannend für die Marktteilnehmer. Denn die Staaten werden Kurven von grünen Staatsanleihen aufbauen, also entlang der Fälligkeiten von zwei bis 30 Jahren; vielleicht gibt es auch mal einen grünen Ultralangläufer. Die Differenz der Preise dieser Anleihen oder der Renditen der grünen und nichtgrünen Anleihen ist das sogenannte Greenium, zusammengesetzt aus den Begriffen Green und Premium. Das Greenium gibt an, wie viel die Anleger zu zahlen bereit sind, damit ihr Geld in Klima- und Umweltprojekte des Emittenten - in diesem Fall des Staates - fließt. Zu beobachten ist, dass für grüne Bonds ein höherer Preis also Kurs bezahlt wird oder umgekehrt ausgedrückt eine geringere Rendite bei der grünen Anleihe im Vergleich zur Rendite der konventionellen Anleihe akzeptiert wird.
Wenn in ein paar Jahren die grünen Kurven etabliert sind, wird sich zeigen, welche Ausmaße das Greenium angenommen hat, welchen Stellenwert die Anleger dem Aspekt grün bei der Investition ihrer Kapitalanlagen beimessen. Bei der grünen Bundesanleihe sind es derzeit Renditedifferenzen zu den nichtgrünen Bundestiteln im unteren einstelligen Basispunktebereich. Das kann sich aber durchaus vergrößern, da der Trend am Markt zu Green geht.
Aber noch etwas wird sich zeigen. Wie werden Anleger die unterschiedlichen grünen Anleihen der Staaten bewerten? Handeln etwa grüne italienische Staatsanleihen mit dem gleichen Renditeabstand zu ihren herkömmlichen Pendants, wie das auch beim Bund der Fall ist? Oder werden Investoren die mit diesen grünen Staatsanleihen finanzierten Projekte anders bewerten als die Projekte, die zum Beispiel der Bund finanziert und dann auch andere Preise für Staatsanleihen bezahlen bzw. Renditen bzw. Renditedifferenzen fordern? Zusammengefasst: Wird der Aspekt Green überall gleich bewertet oder eben unterschiedlich? Bis zu diesem Erkenntnisgewinn, der den Markt ein gutes Stück weiterbringt, müssen die Investoren aber noch ein paar Jahre warten.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Kai Johannsen