Die Lausitzer Rundschau Cottbus zur Diskussion um das Gefangenenlager Guantánamo
Archivmeldung vom 18.02.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittTony Blair bezeichnete Guantánamo gestern in Berlin als „Anomalie“ und fügte hinzu, früher oder später müsse etwas geschehen. Die Kanzlerin nickte. Aber beide enthielten sich diplomatisch konkreter Forderungen an die Bush-Regierung.
Anomalie
bedeutet Abweichung von der Regel. Es muss wohl eher früher als
später etwas geschehen. Denn das amerikanische Gefangenenlager ist
die Abweichung von allen Regeln, die sich die zivilisierte Welt
gegeben hat. Festnahmen und Verschleppungen auf bloßen Verdacht und
unbestimmte Zeit, Behandlung ohne Kontrolle, ohne Verteidiger, ohne
Richter. Die USA betrachten sich als im Krieg befindlich. Sie
definieren dessen Beginn mit dem 11. September 2001 und handeln nach
Kriegsrecht. Sie definieren aber kein Ende des Krieges, keinen Gegner
und keinen Ort. Es sei denn, die ganze Welt. So sind auch Europäer
unter den Gefangenen. Was auf Kuba geschieht, untergräbt mit jedem
Tag mehr die Ziele, die die Allianz gegen den Terror hat und die
Werte, die sie verteidigt. Das dämmert langsam auch den Europäern,
die nun mit UN- Generalsekretär Kofi Annan einen wichtigen
Unterstützer finden. Aber was tun gegen die Weltmacht, die alles so
anders empfindet und Einwände so rüde abweist? Die Europäer können
nur auf die wachsende Kritik der Amerikaner selbst an Bush setzen.
Sie können und müssen diesen Prozess durch klare Worte befördern.
Guantánamo ist kein Thema für die Diplomatie. Es ist ein Thema für
den Protest.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau