Börsen-Zeitung: Larrys Hose Kommentar zur von Oracle angestrengten Klage gegen SAP wegen Industriespionage
Archivmeldung vom 24.03.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Verhältnis zwischen Hasso Plattner und Larry Ellison ist nicht so besonders. Es sei nur daran erinnert, dass der SAP-Gründer dem Oracle-Gründer einst bei einer Segelregatta das blanke Hinterteil zeigte, weil dieser ihm trotz Mastbruchs Hilfe verweigerte.
Die Abneigung der beiden Softwareveteranen ist seit
jeher auch in der Rivalität "ihrer" Konzerne zu spüren, und das nicht
mal zum Nachteil der übrigen Geldgeber. Professionalität hin,
Corporate Governance her: Persönliche Motive sind eben immer noch die
beste Triebfeder, und am Ende zählt auch in der globalen Finanzwelt
nur, wer abends die meisten Klicker nach Hause bringt.
Mit der von Oracle angestrengten Klage wegen Industriespionage
wächst der Streit nun in eine neue Dimension. Das ist bitter für SAP,
weil die Walldorfer ohnehin unter Druck stehen und die bislang so
erfolgreiche Strategie des organischen Wachstums vom Kapitalmarkt
immer mehr in Frage gestellt wird. Während die Anleger die
20-Mrd.-Euro-Einkaufstour von Oracle feiern, erntet SAP für die
Ankündigung einer bis zu 400 Mill. Euro teuren Neuproduktoffensive
nur Missfallen. SAP ist verwundbar, für eine Klage hätte es kaum
einen besseren Zeitpunkt gegeben.
Wie substanziell die Klage ist und wie ihre Erfolgsaussichten
sind, darüber soll an dieser Stelle nicht spekuliert werden. Schon
jetzt aber ist festzuhalten:
-Der Vorwurf von Diebstahl geistigen Eigentums zielt unmittelbar auf
die Kunden und besitzt im Tagesgeschäft der Softwarekonzerne eine
weitreichende Bedeutung. Wer sich heute für eine Softwarelösung
entscheidet, will langfristige Sicherheit.
-Zweifel am geistigen Eigentum ziehen unmittelbar Zweifel an der
Bewertung nach sich - Softwarefirmen haben nur Kunden und Patente als
Assets.
-SAP hat vor über einem Jahr die kleine US-Gesellschaft Tomorrow Now
gekauft und bietet über diese Wartungsverträge Oracle-Software dem
Vernehmen nach für die Hälfte des Oracle-Preises an. Für Oracle aber
ist das Wartungsgeschäft essenziell. Die Oracle-Klage richtet sich an
Tomorrow Now.
-SAP schweigt, und das ist, weil es Zweifel nährt, das Dümmste, was
der Konzern jetzt tun kann.
Konklusion: Ganz gleich, ob SAP am Ende verurteilt wird, die Klage allein zeitigt schon die gewünschten Erfolge. Es ist wieder einmal Larry Ellison, der die Hosen anhat.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung