WAZ: Die Finanzkrise und ihre Folgen
Archivmeldung vom 08.10.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn diesen Wochen schaut die Welt in den Abgrund. Wie sich die Finanzkrise weiter auswirken wird - kein Mensch kann es seriös voraussagen. Werden weltweit Millionen Sparer kalt enteignet? Kommt es gar zu einer schweren Wirtschaftskrise wie 1929, zu einer Krise, die ganze Volkswirtschaften zerstört, die weltweit Existenzen vernichtet und politische Umstürze auslöst?
Wer das für ein Horrorszenario hält, der lese in den Geschichtsbüchern nach.
Dabei ist die aktuelle Krise wahrlich nicht vom Himmel gefallen. Finanzexperten haben schon seit Jahren davor gewarnt - wie sie zu Anfang dieses Jahrhunderts vor dem Platzen der Aktien-Blase gewarnt hatten. Doch diese Fachleute - es waren leider zu wenige - wurden nie gehört. Nicht damals und nicht vor dieser Krise. Stattdessen hörte man lieber auf die Finanzhaie in aller Welt und ihre willigen Helfer; sie priesen die grenzenlose Freiheit der Märkte; sie verteufelten alles Staatliche; sie verspotteten die Mahner als Kleingeister und brandmarkten die Kritiker als Sozialisten; sie schafften es, selbst ihre Gier als menschliche Tugend zu verkaufen; sie predigten Neoliberalismus als Religion und geißelten jeden Widerspruch als Ketzerei. Ja, sie fühlten sich als die neuen Herren der Welt; und führten sich auch so auf.
Und viel zu viele sind diesen neuen Herren gefolgt. An den Börsen und in den Konzernen, wo Milliarden gescheffelt wurden. In der Politik, wo man angesichts dieser Milliarden von Leistung sprach, die sich endlich wieder lohne. An den Hochschulen, wo bis heute das menschenverachtende System des Turbo-Kapitalismus gelehrt wird als sei es ein Naturgesetz. Und - ja auch - in Teilen der Medien, wo das Credo der Mächtigen teils kritiklos nachgebetet wurde.
Und nun? Ist wohl Einsicht eingekehrt?
Zu wünschen wäre: dass die Verantwortlichen, die die Welt gerade an den Abgrund geführt haben, hart zur Rechenschaft gezogen werden; dass sie wie andere Verbrecher vor ein internationales Tribunal gestellt werden; dass endlich auch für die Finanzmärkte feste Regeln gelten; dass die Milliardenströme auf der Welt demokratisch kontrolliert werden.
Zu erwarten ist: dass sich die Verantwortlichen nur kurz wegducken und schnell wieder Oberwasser gewinnen; dass sie ihre neoliberale Irrlehre weiterpredigen; dass sie schon bald die nächste weltweite Krise vorbereiten; dass niemand sie hindern wird.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Lutz Heuken)