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Mittelbayerische Zeitung: Kreuther Geist beschwipst die CSU

Archivmeldung vom 14.01.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.01.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Nichts ist überzeugender als der Erfolg: Die zweiten guten Umfrageergebnisse binnen 14 Tagen befrieden die CSU und stärken die Position des bayerischen Ministerpräsidenten - zumindest vorerst. Parteichef Horst Seehofer weiß, wie schnell ihm wieder eisiger Wind um die Nase wehen kann, wenn sich die Wählergunst dreht und das 46-Prozent-Ergebnis bröckelt.

Den Kreuther Geist 2011 würde sich Seehofer gerne in Flaschen abfüllen, um ihn Parteifreunden bei Bedarf einzuflößen. Seehofer und die CSU verbindet keine innige Liebe. Es ist in erster Linie eine Zweckgemeinschaft. Der Kapitän ist an Bord willkommen, solange er die Partei auf Siegeskurs hält. Im Moment stimmt's in der Beziehung: Wenn heute Landtagswahl wäre, müsste kein CSU-Abgeordneter um sein Mandat fürchten. Eine absolute Mehrheit wäre wieder möglich - oder zur Not eine komfortable Mehrheit mit der FDP. Doch was mitten in der Legislaturperiode für die Stimmung viel wichtiger ist: Die CSU-Politiker spüren, dass ihr Ansehen bei den Bürgern steigt. Sie müssen sich nicht mehr täglich für ihre Politik abwatschen lassen. Der CSU wird wieder zugetraut, dass sie die Dinge schon richtig regelt. Die Kompetenzwerte im aktuellen BayernTrend des Bayerischen Fernsehens belegen das unmissverständlich. Sogar in der Sozialpolitik, eigentlich Domäne der SPD, liegt man vorne. Mit dem neuen Vertrauen der Wähler kehrt ein Teil des alten Selbstbewusstseins zurück, die tiefe Verunsicherung schwindet. Die Erleichterung war in Kreuth mit Händen zu greifen. Derart gelöst hat man die CSU-Männer und -Frauen lange nicht erlebt. Landtagsfraktionschef Georg Schmid - dessen Stuhl vergangenes Jahr heftig wackelte - war beim fröhlichen Schneeballspiel zu beobachten. Trotz der von der Parteiführung verordneten Bescheidenheit brach sich immer wieder die Freude über das Umfragehoch Bahn. Bei Seehofer war das am klarsten zu beobachten. Für ihn ist es die größte Genugtuung, dass ihm 56 Prozent eine gute Amtsführung als Ministerpräsident bescheinigen. Der Hype um Karl-Theodor zu Guttenberg nervt den Parteichef trotz aller gegenteiliger Beteuerungen. Nun kann er selbst auftrumpfen. 56 Prozent Zustimmung sind respektabel - vor allem mit Blick auf die Probleme, die Seehofer bei Amtsantritt vorfand und die ihn bis heute begleiten. Gleich zu Beginn landete die Finanzaffäre um die Landesbank auf seinem Tisch, die das Kabinett zum Zehn-Milliarden-Stützkredit zwang. Die CSU fand nach langer Alleinherrschaft nur schwer zu friedlicher Koalitionsarbeit. Eine dünne Finanzdecke engt politische Spielräume ein. Auch im schwarz-gelben Doppelhaushalt 2011/2012 verstecken sich Kröten. So müssen Beamte Einschnitte bei ihrer Besoldung hinnehmen. All das macht eher unbeliebt. Steigende Umfragewerte haben da besonderes Gewicht. Selbstbewusst reklamiert Seehofer das Verdienst für sich. Tatsächlich hat er die Partei erneuert und junge Nachwuchskräfte in Position gebracht. Frauen besetzen Schlüsselpositionen - die CSU profitiert davon. Eine ganze Riege von Politikerinnen genießt bei Bürgern höchstes Ansehen: Barbara Stamm, Ilse Aigner, Beate Merk und Christine Haderthauer besetzen in der Umfrage Platz 3 bis 6. Ist die CSU also über dem Berg? Die Partei sollte sich am Kreuther Geist nicht zu sehr beschwipsen. Sie ist nicht nur aus eigener Kraft im Umfragehoch, sie profitierte auch vom Aufschwung in der deutschen Wirtschaft - und von der Schwäche der Opposition. 2011 wird für die CSU so schwierig wie 2010. Noch im Januar wird der Abschlussbericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofes zur Umfrageaffäre in der Staatskanzlei erwartet. Bestätigt sich der Verdacht der versteckten Parteienfinanzierung, droht eine deftige Strafzahlung. Die CSU in Finanznöten - das wäre der erste Belastungstest für die neue Gelassenheit.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung

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