WAZ: Grundgesetz ändern für Hartz IV?
Archivmeldung vom 16.07.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine Verwaltung, in der keiner das Sagen hat - derlei Anarchie hätte man in einer Kafka-Replik vermuten können, aber nicht in echten deutschen Amtsstuben. Die Jobcenter sind ein mahnendes Beispiel dafür, wozu Kompromisse übernächtigter Politiker führen.
Arbeitslose wie Vermittler haben darunter lange genug gelitten. Dass nun Bund und Länder die Jobcenter zu einer so kostbaren Erfindung erheben, dass sie verfassungsrechtlich geschützt werden muss, ist ein seltenes Stück aus dem Tollhaus. Bisher bestand in der Bundesrepublik der Konsens, dass nur besondere Anlässe eine Änderung des Grundgesetzes rechtfertigen. Hartz IV gehört zu jenen Gesetzen, die davon am weitesten entfernt sind. Der Plan der Arbeitsminister zeugt von mangelndem Respekt vor dem Verfassungsgericht und vor dem Grundgesetz. Noch schlimmer ist nur die Verweigerung der Politik, sich ernsthaft um die Nöte der Arbeitslosen zu kümmern. Der Streit, ob Kommunen oder Bundesagentur zuständig sein sollen, nimmt infantile Züge an. Denn klar ist doch: Hauptsache, einer hat das Sagen. Nun aber bleibt alles beim Alten.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Stefan Schulte)