Neue OZ: Steter Tropfen höhlt den Stein
Archivmeldung vom 16.01.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.01.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWillkommen in der Wirklichkeit. Als Oppositionspolitiker hatte Guido Westerwelle noch getönt, er werde den Dalai Lama auch als Außenminister empfangen. Davon war gestern beim Antrittsbesuch in China in dieser Deutlichkeit keine Rede mehr. Das ist bedauerlich, denn im Übrigen machte Westerwelle in Peking keine schlechte Figur.
So sprach er heikle Themen wie die Menschenrechte oder die Religions- und Informationsfreiheit in deutlicher, aber zugleich diplomatischer Form an - sichtlich bemüht, Flagge zu zeigen, den Dialog aber nicht abbrechen zu lassen. Westerwelle folgt damit einem vernünftigen Kalkül, nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein.
So bedauerlich es ist, vor allem aus ökonomischen Gründen müssen sich China-Kritiker momentan in Geduld üben. Denn das Selbstbewusstsein der chinesischen Führung ist gewaltig gestiegen. Das Reich der Mitte wird noch in diesem Jahr zur zweitgrößten Volkswirtschaft nach den USA aufsteigen.
Außerdem nimmt es Deutschland gerade den Titel des Exportweltmeisters ab. Das heißt: China ist so stark wie nie. Und niemand will es sich mit diesem Handelspartner und Investor verscherzen. Dies gilt umso mehr, als die Wirtschaftskrise viele Länder - auch Deutschland - weit zurückgeworfen hat. Da bleibt mit Blick auf China wohl nur die Hoffnung auf Wandel durch Handel.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung