Leipziger Volkszeitung zum Streit um Solidarpakt-Gelder
Archivmeldung vom 13.06.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBeim Geld hört die Freundschaft auf. Das merken auch die Ost-Ministerpräsidenten, die sich um die zweckgebundene Verwendung der Mittel aus dem Solidarpakt streiten wie die Kesselflicker. Da muss sich Sachsen, das als einziges unter den neuen Ländern die Gelder konsequent für Investitionen und nicht zur Haushaltssanierung einsetzt, von den anderen sogar als knausriger Kassenwart beschimpfen lassen.
Das ist so, als ob der Klassenbeste sich vor den Mitschülern für
seine guten Zensuren rechtfertigen muss. Die anderen Länder wollen
also keine besseren Noten, sondern verlangen vom Primus, sich auf ihr
fragwürdiges Niveau hinunterzubegeben. Das ist nicht nur schlechter
Stil, das ist in seiner Konsequenz auch eine gefährliche Logik.
Statt auf Ausgabedisziplin zu pochen und mit strikten Sparmaßnahmen
den Versuch einer Haushaltssanierung zu starten, wäre die Aufweichung
der Solidarpakt-Regeln letzten Endes nicht mehr als eine staatliche
Lizenz zum ungehemmten Schuldenmachen. Da muss sich niemand wundern,
dass Berlins Regierungschef Klaus Wowereit mit seinem rot-roten Senat
in der ersten Reihe der Befürworter einer Lockerung steht. Ließe sich
doch damit problemlos die öffentliche Verwaltung an der Spree mit
frisch gepressten Geldern von den Geberländern weiter hübsch am
Subventionstropf halten.
Überraschend wirkt in dem Zusammenhang allerdings, dass auch
Thüringens CDU-Länderchef Dieter Althaus den Investitionsbegriff so
spreizen will, um damit Gehälter von Professoren und Lehrern mit
Mitteln aus dem Solidarpakt zu zahlen. Eine äußerst eigenwillige
Interpretation des Zukunftsfeldes Bildung. Sie ist allerdings wenig
hilfreich, um die dringend notwendige Debatte einer soliden
Haushaltspolitik der neuen Bundesländer auf einer sachlichen Ebene zu
führen.
Die von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück angekündigte Härte, die
weitere Zweckentfremdung von Solidarpakt-Mitteln zu unterbinden, ist
deshalb die richtige Maßnahme. Denn es gibt auch eine Verpflichtung
gegenüber den westdeutschen Geberländern. Statt die Transfer-Gelder
in ein Fass ohne Boden zu pumpen, sind sie gezielt für Investitionen
einzusetzen.
Das heißt im Endeffekt, über diese Mittel soll die Wirtschaft und
nicht die öffentliche Verwaltung angekurbelt werden. Ursprüngliches
Ziel des Solidarpakts war es schließlich vor allem, nach seinem
Auslaufen im Jahr 2019 die Ost-Länder in die ökonomische
Selbstständigkeit zu entlassen. Davon sind die meisten außer Sachsen
noch weit entfernt. Mecklenburg scheint zumindest erkannt zu haben,
dass es mit der laxen Handhabung der Kriterien so nicht weitergehen
kann. Eine Erkenntnis, die sich noch nicht bis Brandenburg und
Sachsen-Anhalt herumgesprochen hat. Beide Länder laufen damit Gefahr,
die Solidarität der anderen zu verlieren. Und sie dürfen sich nicht
darüber beschweren.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung