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Neue OZ: Geschichte per Geschmacksurteil

Archivmeldung vom 01.11.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.11.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Kieler Bestrebungen, den Denkmalschutz aufzuweichen, sind besorgniserregend. Schon wegen ihrer Signalwirkung: Wenn Schleswig-Holstein als erstes Bundesland wirtschaftlichen Erwägungen bei der Denkmalpflege einen Vorrang einräumt, wird das auch anderswo Begehrlichkeiten wecken.

Perfide ist aber vor allem die Willkür, mit der hier eine zeitliche Grenze für die Schutzwürdigkeit eingezogen wird. Die vorgeschlagenen Sonderregeln für Nachkriegsbauten entbehren zwar jeder architekturgeschichtlichen Begründung. Dafür setzen sie populistisch auf verbreitete Vorurteile. Ein schmuckes Wasserschlösschen findet schnell seine Lobby. Bei einem Zweckbau aus den 60er-Jahren haben Denkmalpfleger es dagegen schwerer, dabei hat auch er viel über seine Zeit zu erzählen.

Diese Tendenz per Gesetz zu verstärken hieße, die Geschichte dem Geschmacksurteil zu unterwerfen. Das wäre ein fataler Schritt in Richtung einer dekorativen Erinnerungskultur. Die Vergangenheit ist aber keine Puppenstube.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)

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