Lausitzer Rundschau: Zu Shell-Jugendstudie: Das ungeliebte Volk
Archivmeldung vom 22.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNichts könnte deutlicher die tiefe Kluft zwischen großen Teilen der politisch Verantwortlichen und der Bevölkerung beschreiben, als die Befunde der jüngsten Shell-Jugendstudie. Sie sollte Pflichtlektüre sein insbesondere für die Vertreter der großen Koalition, die ihre Mühe darauf verwenden, den Menschen immer öfter und eindringlicher zu erklären, ein Mentalitätswechsel sei notwendig.
Da ist wieder und wieder zu hören, dass das Volk immer noch über
seine Verhältnisse lebt. Da wird von dem überzogenen Anspruchsdenken
geredet, von der mangelnden Leistungsbereitschaft und dem Egoismus
der Menschen.
Tatsächlich aber belegt die Studie, dass Millionen von Eltern und
Großeltern ihren wichtigsten Beitrag an gesellschaftlicher
Verantwortung in aller Regel mit guten Ergebnissen erbringen. Sie
haben eine Generation erzogen, die alles Wesentliche mitbringt, um
die Zukunft zu meistern. Ihre Kinder sind leistungswillig, motiviert,
sie sind tolerant und gute Demokraten - und viele von ihnen sind
darüber hinaus auch engagiert. Es ist eine junge Generation, auf die
dieses Land stolz sein kann. Sicher gilt dies nicht für alle und eine
Vater- oder Mutterschaft ist nicht per se schon ein
Bundesverdienstkreuz wert. Aber in der Summe ist der Befund
erstaunlich positiv und passt so gar nicht zu dem Wehgeschrei der
Politik. Es drängt sich vielmehr umgekehrt die Frage auf, warum doch
so vieles schief-läuft, wenn so viele ihre wichtigsten Hausaufgaben
nicht nur einigermaßen befriedigend, sondern oft sogar gut oder sehr
gut erledigen.
Auch bei dieser Frage legt die Studie eine Antwort nahe, die den
politischen Eliten wenig schmecken wird. Die sind in erschreckendem
Maße wenig vertrauenswürdig geworden, gerade auch bei jungen
Menschen. Und auf diesem gewachsenen Misstrauen basiert auch die
Zukunftsangst, die einen großen Schatten wirft.
Dass die Kinder so geworden sind, wie sie sind, hat viel mit dem oft
selbstlosen Einsatz, mit dem Verantwortungsgefühl und natürlich mit
der Liebe der Eltern zu tun. Dass die Politik die Resultate zeigt,
die so wenig Vertrauen schaffen, hat auch damit zu tun, dass dort
Selbstlosigkeit und Verantwortung erst wieder gelernt werden müssen.
Das große Wort Liebe ist der Politik ja fremdgegangen. Aber ist es
wirklich vermessen, etwas mehr Liebe für das gemeine Volk
einzufordern? Eltern sind gute Vorbilder, sagt die Jugend. Vielleicht
hört das mal jemand in Berlin und Potsdam und Dresden.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau