Neues Deutschland: Anschlag in Norwegen
Archivmeldung vom 25.07.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAus Norwegens Hauptstadt hatte es am vergangenen Freitag noch keinen einzigen Hinweis auf Täter und eventuelle Hintermänner des Bombenanschlags in Oslo und des entsetzlichen Massakers auf der Insel Utøya gegeben, da verfolgten öffentlich-rechtliche »Terrorismusexperten« hierzulande bereits die »islamische Spur«. Und der einzige Name, der genannt wurde, war der des Muammar al-Gaddafi.
Gewiss, abwegig war der Verdacht nicht: Der in Tripolis um sein Leben fürchten muss, hat es an Drohungen gen Norden nicht fehlen lassen. Doch wer das Publikum allein auf diese Fährte führte, disqualifiziert sich als Experte. Der wahre Täter, das steht inzwischen fest, ist Norweger und nach eigenem Bekenntnis konservativer Christ. Dem werden andere Christen energisch widersprechen, denn christlich handelte Anders B. ganz und gar nicht. Auch die Mehrheit der Muslime nennt Terrorismus übrigens unislamisch. Aber gibt es überhaupt eine Religion, eine Ideologie, die sich nicht missbrauchen ließe? Nährboden für solchen Missbrauch findet sich nicht nur in armen, unterentwickelten Regionen, sondern augenscheinlich auch in einem der reichsten Staaten der Erde, der sich seiner Demokratie rühmt. Es heißt, der mörderische Hass des Anders B. resultiere aus der Erfahrung der Ohnmacht gegenüber Norwegens politischen Seilschaften und in Beton gegossenen technokratischen Strukturen. Vielleicht ist das keine hinreichende Erklärung, aber eine bedenkenswerte.
Quelle: Neues Deutschland (ots)