Null, Kommentar zur Bundesbank
Archivmeldung vom 04.03.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDas gibt es wahrlich nicht alle Tage: Die Bundesbank weist für 2020 wegen einer deutlich erhöhten Risikovorsorge im Zuge der Coronakrise einen Bilanzgewinn von null aus und überweist folglich kein Geld nach Berlin für den Bundeshaushalt. Das ist das erste Mal seit 1979 und überhaupt eher eine absolute Ausnahme in nunmehr 64 Jahren seit Gründung der Bundesbank im Jahr 1957. 2019 dagegen hatte sie mit 5,9 Mrd. Euro noch den höchsten Gewinn seit der Weltfinanzkrise 2008/2009 erzielt. Die Coronakrise hinterlässt also auch in der Bundesbankbilanz tiefe Spuren.
Für Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist das sicher keine schöne Nachricht. In seiner Haushaltsplanung 2021 hat er wie seit Jahren üblich eine Überweisung aus Frankfurt in Höhe von 2,5 Mrd. Euro eingestellt. Geld, das nun fehlt. Dieser Betrag ist aber im Vergleich zu den Summen, die im Zuge der Pandemiebekämpfung mobilisiert und verteilt werden, wahrlich eher die viel zitierten "Peanuts". Scholz wird das also zweifelsohne verschmerzen.
Viel entscheidender ist das Signal, das die Bundesbank damit auch sendet: Die beispiellosen Maßnahmen, mit denen auch die Europäische Zentralbank (EZB) auf die Coronakrise reagiert hat, sind eben nicht ohne Risiko. Zwar sind Zentralbanken anders als private Banken oder Unternehmen nicht gewinnorientiert, und im Zweifelsfall können sie sogar mit negativem Eigenkapital operieren. Für die Reputation der EZB wäre ein solches Szenario aber alles andere als förderlich. Noch wichtiger aber ist: Am Ende können diese Risiken eben die nationalen Haushalte und so die Steuerzahler treffen. Das gilt es nicht zu vergessen.
So mancher mag nun wieder argwöhnen, hinter dem Bundesbank-Gebaren stecke politisches Kalkül, weil sie eine allzu aggressive Geldpolitik der EZB ohnehin kritisch sieht. Tatsächlich wird es Bundesbankpräsident Jens Weidmann wohl kaum stören, wenn die Risiken nicht gänzlich in Vergessenheit geraten. Letztlich ist es aber für die Bundesbank zwingend, die Risikovorsorge aufzustocken. Sie geht schlicht auf Nummer sicher.
Der Vorgang wirft auch ein Schlaglicht auf die Debatte über einen Schuldenschnitt der EZB für hoch verschuldete Länder und zeigt, warum dieser nicht nur politisch und finanziell brandgefährlich, sondern auch ökonomisch irrsinnig wäre: Die entsprechenden Finanzminister müssten zwar für diese Anleihen keine Zinsen mehr an die Zentralbank zahlen. Dafür würde das Eurosystem aber auch weniger Gewinn an die Staaten überweisen. Am Ende wäre damit also so gut wie gar nichts gewonnen.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Mark Schrörs