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Kratzer im Stern

Archivmeldung vom 23.01.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.01.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Wer sein Auto gern auf Hochglanz poliert, kennt das Problem. Aus glatten, großen Flächen lassen sich kleinere Kratzer zwar noch leicht herauspolieren. An den verwinkelten und kantigen Stellen wie etwa dem Mercedes-Stern ist frischer Glanz derweil selten auf die Schnelle zu haben, und meist finden sich dort auch schneller neue Makel.

Für die Politur eines Sterns braucht es eben nicht nur Feinarbeit, sondern auch eine Menge Geduld. Die wird derzeit auch den Daimler-Anlegern in hohem Maße abverlangt. Denn der Mercedes-Stern hat in den vergangenen eineinhalb Jahren durch Gewinnwarnungen, ernüchternde Mittelfristziele und immer neuen Sonderaufwand für behördliche und gerichtliche Verfahren zahlreiche Kratzer erlitten.

Mit der Gewinnwarnung zum Schlussvierteljahr wird die Problemstellung für den neuen Vorstandsvorsitzenden Ola Källenius noch einmal verdeutlicht. Er hat zu viele Baustellen, als dass er sie alle zugleich adressieren könnte. In der Kernsparte Mercedes-Benz Cars sind zwar echte Fortschritte feststellbar. Der Ergebnisrückgang im Quartal liegt deutlich unter dem der vorangegangenen neun Monate. Hier dürfte die letzte Zielsetzung einer Ebit-Marge von 3 bis 5 Prozent für 2019 dann auch erreicht werden. Dafür weist der Stern an anderen Stellen neue Kratzer auf.

Die Van-Sparte, die künftig mit Cars unter demselben Mercedes-Dach geparkt wird, hat aufgrund unerwartet hoher Rückstellungen für die Bereinigung des Dieselskandals sogar das pessimistische Ziel einer negativen Umsatzrendite von 15 bis 17 Prozent verfehlt. Zudem hat sich die Marktlage im Nutzfahrzeuggeschäft rasant verschlechtert, was sich bereits in den Absatzzahlen zeigte und sich nun auch im Ergebnis niedergeschlagen hat.

Selbst die positive Ergebnisentwicklung von Daimler Mobility mit den Joint Ventures, die gemeinsam mit BMW gegründet wurden, dürfte kaum als Anlass für Euphorie taugen. Im vierten Quartal hatte sich der Carsharing-Dienst Sharenow aus Nordamerika und einigen europäischen Städten verabschiedet, was zu einer dreistelligen Millionenbelastung führte.

Dies passiert alles noch vor der anstehenden gewaltigen Transformation im Pkw-Geschäft, in dem der Elektro-Anteil binnen zwei Jahren drastisch steigen muss, um hohe Strafzahlungen wegen des möglichen Verfehlens der strengeren CO2-Flottenemissionsgrenzen in der EU zu vermeiden. Mit der Grenzwertverschärfung drohen bereits neue Kratzer im Stern. Daimler-Chef Källenius dürfte noch auf Jahre mit Polieren beschäftigt sein.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Sebastian Schmid

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